Wirtschaft
Verzicht auf "betriebsbedingte Kündigungen" - neuer Vorstoß der Klassenzusammenarbeitspolitik
16.12.08 - Sieben Stunden lang saßen am
Sonntag Regierungsvertreter, Konzernvorstände und mehrere
Gewerkschaftsvorsitzende im Bundeskanzleramt zum "Krisengipfel"
zusammen. Angesichts der internationalen Finanz-, Banken- und
Börsenkrise sowie des absehbaren Übergangs in eine neue
Weltwirtschaftskrise ging es darum, weitere Krisenprogramme
vorzubereiten.
Um die Leute zu besänftigen, wird dies nun großartig mit einer "freiwilligen Selbstverpflichtung" der Wirtschaft, "betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden",
verkauft. Im Januar sollen dazu erneut Verhandlungen mit den Chefs der
30 größten im Deutschen Aktienindex (DAX) vertretenen Konzerne geführt
werden. Die Halbwertszeit solcher "Selbstverpflichtungen" ist äußerst
kurz. Bisher ist vom Zeitraum des nächsten Jahres die Rede,
selbstverständlich ohne Gewähr, falls sich die "wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen" ändern.
Die Zusage zu solchen
"Selbstverpflichtungen" fällt den Managern auch deshalb nicht schwer,
weil in den meisten größeren Konzernen bereits Betriebsvereinbarungen
zur angeblichen "Beschäftigungssicherung" existieren, die für einen
befristeten Zeitraum den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen
beinhalten.
Diese Vereinbarungen haben sich vor allem als
Methode zur Verhinderung von Arbeiterkämpfen gegen Massenentlassungen
erwiesen, aber auch als Instrument zur Erpressung der Belegschaften und
Betriebsräte, immer neue Verschlechterungen hinzunehmen. Die weitere
Vernichtung von Arbeitsplätzen haben sie nirgendwo verhindert.
Leiharbeiter und befristet Beschäftigte sind davon ohnehin nicht
berührt.
Von "Beschäftigungssicherung" kann auch deshalb keine
Rede sein, weil die Arbeitsplatzvernichtung auf dem Weg von
Vorruhestands- und Abfindungsregelungen, Altersteilzeit oder Druck zum
"freiwilligen Ausscheiden" munter weiter geht. Ganz zu schweigen von
der Verschärfung der Ausbeutung in den Betrieben.
CDU-Generalsekretär
Ronald Pofalla schlug im Gegenzug für den jetzt angepeilten Verzicht
auf "betriebsbedingte Kündigungen" bereits die Entlastung der Konzerne
von jeglichen Sozialabgaben für den Zeitraum von Kurzarbeit vor.
IGBCE-Chef Hubertus Schmoldt signalisierte für solche und ähnliche
Vorschläge ein "Entgegenkommen" der Gewerkschaften. Die
Gewerkschaftsmitglieder, die reichlich Erfahrungen mit solchen
"Verzichts"-Vereinbarungen haben, hat er dazu nicht gefragt.
"Wir müssen alle gemeinsam die Verantwortung übernehmen",
so brachte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) die Neuauflage der
Klassenzusammenarbeitspolitik auf den Punkt. Die "gemeinsame
Verantwortung" wird so aussehen, dass die Krisenlasten auf die breiten
Massen abgewälzt werden, damit die Monopole weiter Maximalprofit machen
können.
Die "Verantwortung" der Arbeiter besteht in dieser
Situation darin, gemeinsam mit der Masse der Bevölkerung den Kampf
gegen jegliche Arbeitsplatzvernichtung und Abwälzung der Krisenlasten -
für offensive Forderungen wie die nach der 30-Stunden-Woche bei vollem
Lohnausgleich - aufzunehmen.