Politik
Landtagswahlen in Hessen: Parteien der Berliner Großen Koalition abgestraft
19.01.09 - Auch wenn sich Ministerpräsident Roland Koch (CDU) in den Medien zum "Sieger" der gestrigen Landtagswahl in Hessen erklärt, ändert dies nichts daran, dass neben der SPD die CDU zu den hauptsächlichen Verlierern der Wahl gehört. Die CDU konnte zwar in Prozenten ihr - ohnehin schon schlechtes - Ergebnis von 2008 halten, verlor aber tatsächlich weitere 45.975 Stimmen. Innerhalb des bürgerlichen Lagers wurde sie vor allem durch die Abwanderung von Wählern zur FDP abgestraft, was sie allerdings auch vor einem größeren Desaster bewahrte. Mit Hilfe der FDP kann nun zumindest die seit der letzten Landtagswahl vor einem Jahr schwelende Regierungskrise gelöst werden.
Allerdings um den Preis eines weiteren Absturzes der SPD auf ihr bisheriges historisches Tief von nur noch 23,7 Prozent der Stimmen (gegenüber 36,7 Prozent bei der letzten Landtagswahl). Sie verlor gegenüber 2008 ganze 391.611 Wähler. Das bedeutet eine weitere Einbuße ihrer Bindungskraft gegenüber den Arbeitern an das kapitalistische System mit entsprechenden Folgen für dessen weitere Destabilisierung.
Die Landtagswahlen in Hessen waren der Auftakt einer ganzen Serie von Wahlen in diesem Jahr und zugleich die erste Wahl vor dem Hintergrund der neuen taktischen Ausgangslage durch den Ausbruch der Weltwirtschaftskrise. Hinsichtlich dieser neuen Situation und des bevorstehenden Superwahljahrs hatten die bürgerlichen Parteien und insbesondere die CDU ihren Wahlkampf bewusst umgestellt. Im Vordergrund stand das Bemühen, die Widersprüche zu dämpfen statt weiter zu polarisieren, zumal Roland Koch dafür bei der letzten Landtagswahl eine deutliche Quittung erhalten hatte.
Das Wahlergebnis zeigt dennoch deutliches Misstrauen gegenüber der Krisenpolitik der Berliner Großen Koalition und eine wachsende Suche nach Alternativen. Rund 1,7 Millionen Wahlberechtigte blieben der Wahl fern. In den großen Städten liegt die Wahlbeteiligung in der Regel noch erheblich unter der landesweit niedrigsten Beteiligung von 61 Prozent. Damit wurden die vier bürgerlichen Monopolparteien CDU, SPD, FDP und Grüne gerade noch von 54 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt. Deutlich weiter zugenommen haben die ungültigen Stimmen von 2,4 auf jetzt 2,9 Prozent (78.555), auch hier überdurchschnittlich in den großen Städten.
Allerdings geht das einher mit einer gewissen Verunsicherung der Menschen aufgrund der Wirtschaftskrise und einer teilweisen Belebung von Hoffnungen in den Parlamentarismus. Das zeigt sich vor allem in den Stimmengewinnen der kleineren bürgerlich-parlamentarischen Oppositionsparteien FDP und Grüne, die ihr bisher bestes Ergebnis in einem Flächenstaat erzielten.
Die Linkspartei konnte sich trotz massiver Hetze im Vorfeld der Wahl mit 5,4 Prozent im Landtag behaupten. Nach Alternativen suchten die Wähler auch bei verschiedenen kleineren Parteien, die zum Teil deutliche Stimmengewinne erzielten wie die "Freien Wähler" oder die Partei "Piraten". Letztere wendet sich vor allem gegen staatliche Bespitzelung, Online-Überwachung, BKA-Gesetz usw.
Die faschistischen und rechtspopulistischen Parteien wie NPD und Republikaner büßten dagegen weiter deutlich Stimmen ein und kamen auf nur noch 0,9 bzw. 0,6 Prozent. Die Republikaner verloren fast die Hälfte ihrer Wähler von 2008 (sie stürzten von 27.724 auf 15.697 Stimmen ab).
Das Wahlergebnis zeigt zugleich, dass bei dieser Wahl über eine wirkliche gesellschaftliche Alternative gar nicht abgestimmt werden konnte. Die MLPD kandidierte nicht bei der Landtagswahl, sondern konzentriert sich mit einer Offensive für den echten Sozialismus auf eine Stärkung der kämpferischen Opposition gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen, wozu auch die Beteiligung bei der Bundestagswahl im September und der Kampf um die Wahlzulassung genutzt wird. Die Landesleitung Rheinland-Pfalz/Hessen/Saarland hatte dazu aufgerufen "Wer andere gesellschaftliche Verhältnisse will, sollte die MLPD stärken" und empfohlen, ungültig zu stimmen.