Politik
Hartz-IV-Regelsätze für Kinder grundgesetzwidrig
28.01.09 - Die jahrelange Praxis der pauschalen Schlechterstellung von Kindern gegenüber Erwachsenen bei der Bemessung von Hartz-IV-Regelsätzen verstößt gegen das Grundgesetz. Das entschieden gestern die Richter des Bundessozialgerichts (BSG). Lediglich pauschale 211 Euro erhalten Kinder bis 14 Jahre monatlich und damit 40 Prozent weniger als ihre Eltern, die schon mit je 351 Euro mehr schlecht als recht leben müssen. Dies ist ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Kinderarmut in Deutschland. Drei Millionen Kinder und Jugendliche sind nach den Berechnungen des Kinderhilfswerks als arm einzustufen.
Das Urteil ist ein Erfolg für alle, die sich seit Jahren gegen die Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen zur Wehr setzen. Es ist auch ein Schlag ins Gesicht von bürgerlichen "Experten" wie z.B. dem Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Thießen, der die Ansicht vertrat, dass 132 Euro als Hartz IV-Regelsatz ausreicht ("Junge Welt", 6.9.08).
Ein Nachlassen im Kampf gegen Hartz IV ist jedoch keinesfalls angezeigt! Die Richter qualifizierten nicht, ob 211 Euro zu wenig sind, sondern bemängelten lediglich die pauschale Schlechterstellung gegenüber den Erwachsenen. Die Bundesregierung sieht daher auch keinen konkreten Handlungsbedarf. Sie vertröstet darauf, dass in dem gestern beschlossenen Konjunkturpaket II die Regelsätze für die 6- bis 13-Jährigen um monatlich 35 Euro aufgestockt wurden. Mit einer altersspezifischen Bedarfsermittlung für Kinder und Jugendliche hat dies jedoch wenig zu tun, zumal Kinder und Jugendliche unter 6 und über 13 Jahren in Hartz IV beim Konjunkturpaket II leer ausgehen.
Milliarden sind in den letzten Jahren auf Kosten der Kinder und Jugendlichen gestrichen worden. Allein 2,4 Milliarden Euro strich sich die Regierung in den Jahren 2006 bis 2008 durch die Streichung des Kindergelds für die 26- und 27-Jährigen in Ausbildung ein. Regelsätze für Mutter-Kind-Kuren wurden um 35 Prozent gekürzt usw. Die Kinderarmut hängt aber nicht nur mit den lächerlichen Hartz-IV-Regelsätzen für die Kinder zusammen, sondern auch mit dem immer größer werdenden Sektor von Niedriglöhnen (dafür haben die Hartz-Gesetze den Weg geebnet), Leiharbeit und inzwischen Kurzarbeit.
Die Regierung will die Politik der Umverteilung von unten nach oben gerade jetzt, in Zeiten der Krise und der Milliardengeschenke an Banken und Monopole, gnadenlos fortsetzen. Feigenblätter wie der einmalige Kinderbonus von 100 Euro im Konjunkturpaket II sollten darüber nicht hinwegtäuschen. Einzelne Seiten bei Hartz IV zu ändern, reicht nicht aus - Hartz IV muss weg! Ohne Wenn und Aber!
Dafür kämpft seit viereinhalb Jahren die Montagsdemonstrations-Bewegung, die gerade auch die wachsende Kinderarmut anprangert. Und auch die Rebellion der Jugend muss fester Bestandteil des Kampfs gegen die Abwälzung der Krisenlasten sein!