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Neue Verfassung Boliviens: großer Erfolg für Evo Morales

Neue Verfassung Boliviens: großer Erfolg für Evo Morales
Volksversammlung für die neue Verfassung am 23.1.2009 in Cochabamba

27.01.09 - "Heute, am 25. Januar 2009, gründet sich Bolivien als ein Land der Chancengleichheit für alle neu", bejubelte Boliviens Staatspräsident Evo Morales kurz nach Bekanntgabe erster Wahlergebnisse die Annahme der neuen Verfassung. Nach vorläufigen Auszählungsergebnissen haben um die 61 Prozent mit "Ja" gestimmt, rund 36 Prozent mit "Nein". Das Oberste Nationale Wahlgericht lobte die mit 90 Prozent "historisch hohe Wahlbeteiligung". Inhaltlich gilt die neue Verfassung als eine der sozialsten der Welt.

Erstmals erhält die indigene Bevölkerungsmehrheit umfassende Rechte der kulturellen Selbstbestimmung und Verwaltung, Rechtsprechung, Zugang zu öffentlichen Ämtern. Der jetzt dezentrale Staat übernimmt die Kontrolle über strategische Wirtschaftszweige (Öl, Gas, Telekommunikation, Transport, Wasser, Strom). Zudem wurde eine Obergrenze für Landbesitz von 5.000 Hektar festgelegt.

Die Koka-Pflanze wird unter Schutz gestellt und ausländische Militärbasen sind verboten. Im Artikel 4 der Verfassung wird festgelegt, dass "Staat und Religion getrennt sind", was im Vergleich zu den früheren Verfassungen, in denen die katholische als staatliche Religion festgelegt worden war, eine Neuheit ist. Kein Wunder, dass die bolivianische Bischofskonferenz noch Tage vor dem Wahlgang vor der neuen Verfassung warnte.

Vom Balkon des "Palacio Quemado" der Hauptstadt La Paz richtete sich Morales an die "am meisten Erniedrigten und Ausgegrenzten, die Bauern und Indígenas". Vor den zu Tausenden zur "Plaza Murillo" gekommenen Anhängern der Regierungspartei "Bewegung zum Sozialismus" (MAS) rief Morales: "Hier und heute ist Schluss mit dem inneren und äußeren Kolonialismus. (...) Ab heute gehen wir von Sieg zu Sieg!"

"Die Versteigerung des Landes ist beendet", nahm er Bezug auf das verfassungsrechtliche Privatisierungsverbot von Bodenschätzen und Grundbedürfnissen. "Die Verräter, die Bolivien verscherbelt haben, sind erneut besiegt worden vom Gewissen des Volkes, das diesen Wandel garantiert", so der MAS-Chef.

Tatsächlich hat das bolivianische Volk mehrheitlich mit dieser Abstimmung gezeigt, dass es sich nicht von den Imperialisten ausbeuten lassen will. Das Abstimmungsergebnis ist eine wichtige Anerkennung für die mit Härte erkämpften Errungenschaften in Bolivien. In verschiedenen Ländern ist die Auseinandersetzung darüber entbrannt, diese fortschrittliche gesellschaftliche Entwicklung fortzuführen oder sich mit solchen Errungenschaften zufrieden zu geben. Das ist verbunden mit linksreformistischen Illusionen - mit Wahlen kann man den Imperialismus aber nicht besiegen.

Das Wahlergebnis spiegelt den Linkstrend, aber auch die vorhandenen gesellschaftlichen Gegensätze wider, denn in den reichen Ostprovinzen Santa Cruz, Beni, Pando und Tarija wirkte die Propaganda für die Abspaltung dieser Provinzen mehr als im andischen Hochland, wo die Zustimmung zur Verfassung teilweise über 70 Prozent betrug.

Allerdings verläuft die Grenze keineswegs zwischen Osten und dem Westen, wie die Propagandisten für die Abspaltung glauben machen wollen. Allen voran der ehemalige US-Botschafter Philip Goldberg, der seine Erfahrungen bei der Abspaltung des Kosovo auf Bolivien anwenden möchte. Bereits im letzten Herbst hat eine Bewegung von Großgrundbesitzern und Reichen im Bündnis mit dem US-Imperialismus mit gewaltsamen Übergriffen eine Abtrennung dieser Bundesstaaten versucht (siehe rf-news-Artikel vom 12.9.08).

Die Grenze verläuft zwischen einer breiten Arbeiter- und Volksbewegung, in der die Bergarbeiter und auch die Marxisten-Leninisten eine führende Rolle spielen, und einer von den Imperialisten aller Schattierungen geförderten reaktionären Richtung. Zu welchen Mitteln diese Kräfte zu greifen bereit sind, ist spätestens seit dem Putsch in Chile bekannt. Bei aller Freude über den Erfolg muss sich das bolivianische Volk deshalb rechtzeitig auf die Verteidigung seiner Errungenschaften einstellen.