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Der Muff des Mittelalters aus Ratzingers Residenz

03.02.09 - Entsetzt und empört reagieren auch viele gläubige Katholiken auf die neuen Signale aus dem Vatikan. Das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., hat führende Mitglieder der "Priesterbruderschaft Pius X." nach Jahrzehnten des Ausschlusses wieder in die Kirche aufgenommen. Damit hat der Papst in seiner "grenzenlosen Barmherzigkeit" nicht irgendeinen konservativen Klüngel rehabilitiert. Sondern Leute, die erklärtermaßen bis heute daran festhalten, dass das jüdische Volk "des Mordes an Gottessohn" schuldig sei, Leute, die in Frankreich engste Kontakte zur neofaschistischen Partei von Le Pen unterhalten, die gegen Menschen islamischen Glaubens zu Felde ziehen und von denen einer beharrlich die Massenvernichtung in den Konzentrationslagern des Hitlerfaschismus leugnet und als Geschichtslüge verhetzt.

Nun legt seine Heiligkeit noch einen drauf und ernennt den bekannten Reaktionär Reinhard Wagner zum Weihbischof von Linz. Ein Mann, der allen Ernstes behauptet, dass der Tsunami in Südostasien 2004 eine "verdiente Strafe Gottes" sei und der Orkan Kathrina in New Orleans von Gott gegen "die sündigste Stadt der Welt" eingesetzt worden sei.
 
Auf den Proteststurm aus aller Welt rudert der Vatikan zurück und will die Rehabilitierung der Pius-Bruderschaft als "unüberlegte Handlung" abtun. Seit Sommer 2005 wurden nach 17 Jahren der Trennung wieder intensive Gespräche in Rom über die Eingliederung der Pius-Bruderschaft geführt. Der Papst weiß genau, wen er da ins Boot nimmt. Der belgische Theologie-Professor Jean-Pierre Wils von der katholischen Radboud-Universität Nijmegen nannte in einem Interview mit dem holländisch-katholischen Online-Magazin "Katholiek Nederland" die Priesterbrüderschaft eine "extrem reaktionäre und zutiefst antisemitische Gruppe, die mit Diktatoren und rechtsgerichteten Regimen sympathisiere".

Diese Bruderschaft, der heute rund 500 Priester angehören, entstand aus einer Abspaltung von Kirchenfunktionären in den 1960er und 1970er Jahren. Sie sahen sich als Verfechter des wahren Glaubens und Damm gegen den verderblichen Materialismus, womit sie alle Befreiungsbewegungen und Gedanken an den Sozialismus meinten. Sie warfen der offiziellen Kirchenführung "Liberalismus und Modernismus" vor. Damit meinten sie die Anpassung der Kirche an die Aufgeklärtheit der Massen. So wurden manche alten Rituale abgeschafft, die die Kirche von den Massen entfernte, wie lateinischsprachige Messen und die provozierende Zurschaustellung von Prunk und Reichtum, vor allem in den Entwicklungsländern.

Wenn diese Abtrünnigen jetzt in die katholische Kirche eingegliedert werden, dann soll damit bewusst eine Hardlinertruppe des Antikommunismus und Rassismus eine Plattform erhalten für ihre menschenverachtende Propaganda. Die wollen keineswegs reumütig in den Schoß der Kirche zurückkehren. Am 1. Februar erklärte einer von ihnen, Bernard Tissier de Mallerais, gegenüber der italienischen Zeitung La Stampa: "Wir ändern unsere Positionen nicht, aber wir haben die Intention, Rom zu bekehren, das heißt, Rom zu unseren Positionen zu führen."

Das Ganze reiht sich ein in verstärkte Versuche, die Kirchen gegen den Linkstrend und die wachsende Kritik am Kapitalismus auszurichten und das Rad der Geschichte aufhalten zu wollen. In Russland wird der neue orthodoxe Patriarch mit großem Pomp eingeführt, die Kirchen in Deutschland starten eine "Pro-Reli-Kampagne für verstärkten Religionsunterricht" und Google räumt dem Vatikan einen You-Tube-Internetkanal ein.

Wir sind gespannt, wann Ratzinger gestützt auf seine neue Hilfstruppe mit seiner Unfehlbarkeit das Dogma ausgibt, dass die Erde eine Scheibe ist und Scheiterhaufen vor dem Petersdom auftürmen lässt gegen diejenigen, die das immer noch nicht glauben wollen.