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München: 6.000 Menschen demonstrieren gegen Nato-Strategiekonferenz

München: 6.000 Menschen demonstrieren gegen Nato-Strategiekonferenz
Demonstration gegen die Nato-Konferenz in München am 7.2.2009

08.02.09 - Heute ging in München die 45. "Sicherheitskonferenz" der NATO zu Ende. Unter dem heuchlerischen Motto "Frieden durch Dialog" trafen sich wie jeden Februar unter massivem Polizeischutz hochrangige Vertreter der NATO, der EU und weiterer Länder, um die NATO-Strategie im Kampf um die Neuaufteilung der Welt und das gemeinsame Vorgehen der Imperialisten zur Unterdrückung des antiimperialistischen Befreiungskampfs der Arbeiterklasse und der Völker zu beraten. Nichts anderes ist damit gemeint, wenn Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister, formuliert: "Die diesjährige Münchner Sicherheitskonferenz findet vor dem Hintergrund epochaler Herausforderungen für die globale Sicherheit und Finanzordnung statt. (...) Viele unserer größten Herausforderungen können wir nur durch globale Koordination bewältigen."

Die Konferenz stand heuer ganz im Zeichen des angeblichen Politikwechsels des US-Imperialismus, der sich mit der Methode der weltweiten militärischen Kontrolle und Unterdrückung eine Vielzahl von Fronten geschaffen hat. US-Vize Joe Biden und sein Sicherheitsberater James Jones forderten, dass die EU ihren Beitrag für die gemeinsamen Nato-Ziele verbessere. Das ist der Kern des "neuen Tons", den Amerika in den Beziehungen zu den Staaten der Welt anschlagen will.

Da Deutschland im Superwahljahr 2009 Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen müsse und die Auslandseinsätze der Bundeswehr deshalb nicht verstärken könne, sei in Afghanistan mehr "zivile Hilfe", unter anderem bei der Ausbildung der Polizei, zu leisten. Diese Worte der neuen US-Außenministerin Hillary Clinton sind wohl kaum Ausdruck einer neuen Friedenspolitik.

Dies gilt auch für die "nukleare Totalabrüstung", von der der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier schwärmt. In einer gemeinsamen Erklärung anlässlich der sogenannten "Sicherheitskonferenz" formulierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy, was sie darunter verstehen. Auf absehbare Zeit gäbe es keine Alternative zum Grundsatz der nuklearen Abschreckung, man müsse allerdings kleinere, präzisere Waffen bereithalten. Wenn sie sich als "Befürworter der Rüstungskontrolle" brüsten und "weltweite Bemühungen um Nichtverbreitung und Abrüstung" vorantreiben wollen, dann meinen sie nicht die USA und Frankreich, sondern Iran und Korea.  

Mehr als 6.000 Demonstranten – mehr als im letzten Jahr – waren dem Aufruf des Aktionsbündnisses gegen die Nato-Sicherheitskonferenz gefolgt, der unter anderem forderte: "Bundeswehr raus aus Afghanistan! Gegen jede deutsche Kriegsunterstützung!" Zusammen mit zahlreichen Organisationen, darunter mit Verdi erstmals eine Gewerkschaft, hatte auch das ZK der MLPD den Aufruf unterzeichnet. Distanziert vom Protest haben sich dagegen der Landesvorsitzende der bayerischen Grünen, Dieter Janecek, und der Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag wegen der "zu radikalen Diktion" des Aufrufs, der eine antiimperialistische Grundhaltung hat.

Live aus München berichtet eine Korrespondentin an "rf-news": "Bei strahlendem Sonnenschein füllte sich gestern zur Mittagszeit der Münchner Marienplatz  mit mehr als 6.000 Demonstranten aus ganz Bayern. (...) Im Bayerischen Hof übernimmt für diese drei Tage die Bundeswehr das Hausrecht. Absperrgitter, ständige Polizeikontrollen, offiziell mehr als 3.000 Polizisten bestimmen das Leben in der Münchner  Innenstadt, zum Hotel werden nur Ausgewählte zugelassen. (...)

Einer der ersten Redner der Auftaktkundgebung, Peter Strutynski vom Kasseler Friedensratschlag, setzt sich mit der Afghanistanpolitik der Bundesregierung und der NATO auseinander und beschreibt die Ausweglosigkeit der NATO-Politik im rohstoffreichen Afghanistan so: ‚Sie glauben so fest an den Sieg in Afghanistan, wie sie noch vor einem Jahr an das Funktionieren der Finanzmärkte geglaubt haben.’ Sophia Deeg als Vertreterin der Palästina-Solidarität beginnt ihren Redebeitrag mit einem Zitat des palästinensischen Schriftstellers Mahmud Darwisch: 'Wir lieben das Leben, wann immer wir zu ihm finden' und zweifelt daran, ob die Menschen in Gaza im Moment zum 'Leben finden'. Völker, die auf ihren Rechten bestünden und vor ihren Küsten Gas oder in ihrem Land Öl besäßen, seien für die Imperialisten bedrohlich und werden bekämpft mit allen Konsequenzen.

Der Krieg gegen die Palästinenser sei nicht allein ein Verbrechen Israels, sondern der europäischen Regierungen im Verbund mit den USA. Und in allen diesen Ländern, so die Rednerin, ist auch eine internationale Friedensbewegung gegen diesen Krieg auf die Straßen gegangen, einschließlich Israel selbst, und es ist ein festes Band der internationalen Solidarität entstanden. Und sie endet mit dem Mahmud Darwisch: 'Ich bestehe auf meinem Recht, auf meinen Rechten zu bestehen!'"

Für die "Rote Fahne" und die Literatur der MLPD gab es auf der Demonstration viel Interesse, und zahlreiche Menschen, vor allem Jugendliche, die das Bild der kämpferischen Demonstration prägten, unterstützten mit ihrer Unterschrift die Wahlzulassung der Partei des echten Sozialismus für die Bundestagswahl im September.

Die Demonstration gegen die Kriegstreiber der Welt nahm auch die Faschisierung des Staatsapparats und das reaktionäre bayerische Versammlungsrecht ins Visier. Ausgehend vom bayerischen Innenministerium wurde erneut eine regelrechte Bürgerkriegsübung veranstaltet. Die Abschlusskundgebung des Antikriegsbündnisses wurde sogar von Scharfschützen flankiert, die auf dem Dach der "Residenz" postiert waren. Dort trafen sich die Konferenzteilnehmer zum Abschlussdiner.