Politik

Immer mehr Risse in der Großen Koalition

Immer mehr Risse in der Großen Koalition
Demonstrierende Polizisten bei der Kundgebung der Landesbeschäftigten am 10. Februar in Düsseldorf

11.02.09 - Angesichts weiter sinkender Umfragewerte, einer Entfaltung der Kämpfe in Europa und wachsender Kampfbereitschaft unter anderem in den Tarifrunden hierzulande nimmt die Nervosität im Regierungslager deutlich zu. Welche Zerstrittenheit mittlerweile auch innerhalb der einzelnen Parteien und Fraktionen herrscht, zeigte sich beim Rücktritt von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU).

Glos reagierte damit auf eine auch von seinen "Parteifreunden" Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) ihm gegenüber betriebene öffentliche Demontage. Es spricht Bände über des "Klima" in der Führung der Unionsparteien, dass er seine Rücktrittserklärung lediglich an "Bild am Sonntag" und an die Privatadresse Seehofers faxte, wohl wissend, dass sich dieser gleichzeitig auf der Münchner "Sicherheitskonferenz" aufhielt. 

Entsprechend wurde von den Medien ein völlig verdutzter Seehofer vorgeführt, der von nichts wusste und sich erst per Telefonanruf von seiner Frau die Rücktrittserklärung aus dem Fax holen lassen musste. Alle Welt machte sich darüber lustig, wie er den Rücktritt von Glos zunächst kategorisch ablehnte, um ihn am folgenden Tag nach einem Krisengespräch mit der Kanzlerin doch noch anzunehmen. Bände spricht allerdings auch die beleidigte Beschwerde von Glos gegenüber Merkel, dass sie ihn vernachlässigt und "stattdessen ... an den Lippen von Finanzminister Steinbrück" gehängt habe.

Ein hauptsächlicher Hintergrund der Zerwürfnisse in der Großen Koalition ist, dass gegenwärtig vor allem CDU und CSU in den Wählerumfragen verlieren, während die SPD trotz ihres ausgewechselten Vorsitzenden ebenfalls nicht aus dem Stimmungstief heraus kommt. Die Rechnung der Regierungsparteien, mit den Milliarden-Konjunkturpaketen die Hoffnung zu erwecken, die Wirtschaftskrise ließe sich schon nach kurzer Zeit überwinden, ist nicht aufgegangen.

Sowohl die Weltwirtschafts- als auch die Weltfinanzkrise vertiefen sich weiter. Der an die Oberfläche kommende Berg "fauler Kredite" wird immer größer. Täglich kommen neue Hiobsbotschaften über Firmeninsolvenzen. Oft geht es um Firmen mit langer Tradition: Rosenthal, Märklin, Wolff Gartengeräte, Schiesser, Hertie, Sinn-Leffers, Ratiopharm... Selbst Hightech-Betriebe wie der Chip-Fabrikant Quimonda planen mit Insolvenzverfahren Hunderte Entlassungen.

In zentralen Fragen der Wirtschaftspolitik der Regierung verschärfen sich die Widersprüche: Soll man die Finanzlöcher der HRE-Bank mit weiteren Milliarden immer wieder von Neuem stopfen oder die Bank mitsamt ihren Verlusten übergangsweise ganz verstaatlichen? Soll man dem Subventionsantrag der Schaeffler-Chefin nachkommen, die sich bei der Conti-Übernahme verspekuliert hat, oder eine weitere Großinsolvenz riskieren? Wie die Regierung auch laviert, weht ihr wachsende Empörung aus der Bevölkerung entgegen.

Mit dem adligen und schwerreichen Karl-Theodor von und zu Guttenberg, der mehr Vornamen als Pippi Langstrumpf hat, wurde nun schnell ein neuer Wirtschaftsminister aus dem Hut gezaubert. Als dessen wichtigster Vorzug wird gepriesen, dass er "gut reden" kann. Getreu dem Motto: wenn die Regierungspolitik den Massen schon nichts zu bieten hat, soll sie wenigstens gut verkauft werden.

Die wachsende Nervosität der Regierung hat ihre Ursache auch in der Furcht davor, dass es wie in unseren Nachbarländern - zuletzt in Frankreich und Großbritannien - auch hier zu Massenkämpfen und -streiks kommt. Das ist jedoch kein Selbstlauf. Ein Schlüssel dafür ist, die revolutionäre Alternative - die MLPD - zu stärken. Sie stellt ihre Kräfte in den Dienst des Kampfs gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen und fördert zugleich eine breite Diskussion über die Notwendigkeit, eine internationale sozialistische Revolution vorzubereiten.