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Streikende in Großbritannien distanzieren sich von nationalistischer Propaganda der Regierung

10.02.09 - In den letzten Wochen breitet sich in England vor allem auf Baustellen eine Welle selbständiger Streiks aus. Dies geschieht vor dem Hintergrund rasant steigender Arbeitslosigkeit infolge der Vertiefung der Weltwirtschaftskrise: Nach Angaben des Arbeitsministeriums werden im Februar 300.000 Arbeitsplätze vernichtet, bis Ende 2009 sollen es drei Millionen sein. Ausgangspunkt der selbständigen Streikbewegung war die Auseinandersetzung in der Lindsey Ölraffinerie (LOR) in Lincolnshire, wo ab dem 17. Februar Kollegen gekündigt werden sollten.

Gleichzeitig sollten rund 30 Prozent der Arbeitsplätze an das italienische Subunternehmen IREM vergeben werden, das seine eigenen portugiesischen und italienischen Belegschaften von 200 bis 300 Arbeitern mitbrachte und auf Schlafschiffen im Hafen unterbringt: deren offizielle Arbeitszeit beträgt 44 Wochenstunden an sechs Tagen zu deutlich gesenkten Löhnen, die Frühstückspause dauert zehn und die Mittagspause 30 Minuten.

Ähnlich ging das deutsch-französiche Unternehmen Alstom beim Kraftwerkbau in Staythorpe vor, wo Alstom es ablehnt, britische Arbeitskräfte einzustellen, um auf gewerkschaftlich nicht organisierte polnische und spanische Arbeiter zurückgreifen zu können. In den Meldungen der bürgerlichen Medien wird der Charakter dieser Streikbewegung jedoch absichtlich verfälscht, um die wachsende internationale Solidarität als Ausdruck der Internationalisierung des Klassenkampfes zu zersetzen. So wird behauptet, die Streikenden folgten der nationalistischen Losung des britischen Premierministers Gordon Brown "Britische Arbeitsplätze nur für britische Arbeiter!"

Tatsächlich kam die komplette Belegschaft von LOR einschließlich der Beschäftigten aller dort tätigen Subunternehmen zusammen und votierte einstimmig für die Aufnahme von Streikmaßnahmen. Auf mehr als 22 Baustellen durch ganz England hindurch wurden daraufhin trotz Streikverbot selbständige Streiks organisiert, Fabriken besetzt und Streikkomitees gewählt.

Die Arbeiter machen deutlich, dass sie nicht gegen die Kontraktarbeiter streiken, sondern gegen den gemeinsamen Gegner, der versucht, die Arbeiter aufgrund ihrer Nationalität gegeneinander auszuspielen und die Konkurrenz zu schüren. Anhänger der neofaschistischen und rassistischen British National Party (BNP), die ähnlich wie die NPD hier in Deutschland mit einer sozialen Demagogie auftritt ("Sozial ist national!"), wurden von den Streikenden davon gejagt.

Unter anderem folgende Forderungen wurden auf einer Streikversammlung am 2. Februar beschlossen:

  • Alle Beschäftigten in Großbritannien müssen nach dem NAECI-Agreement (landesweites Abkommen für die Maschinenbauindustrie) behandelt werden!

  • Erfassung der Arbeitslosen und ausgebildeter Mitglieder der Gewerkschaft am Ort durch die Gewerkschaften!

  • Sämtliche Kontraktarbeiter müssen gewerkschaftlich organisiert werden!

  • Keine Schikanierung von Beschäftigten, die an Solidaritätsaktionen teilnehmen!

  • Zu den Baugewerkschaften in Kontinentaleuropa müssen Verbindungen aufgebaut werden!

  • Die nationalen Tarifverträge müssen für alle Beschäftigten auf den Baustellen gelten!

Auch wenn es sicher innerhalb der Belegschaften heftige Auseinandersetzungen über den Einfluss der nationalistischen Propaganda von Unternehmern und Regierung gab und gibt, zeigen diese Forderungen, dass die Arbeiterinteressen bei den streikenden Bauarbeitern im Mittelpunkt stehen.