Politik

Qimonda Dresden: Betriebsratsvorsitzender will Kritik unterdrücken

Qimonda Dresden: Betriebsratsvorsitzender will Kritik unterdrücken
Demonstration von Qimonda-Beschäftigten in Dresden am 4.2.2009

17.02.09 - Der Betriebsrat von Qimonda Dresden und die IG Metall rufen für den kommenden Mittwoch, 18. Februar, zu einer zweiten Demonstration gegen die Schließung des Werkes auf. 3.000 Menschen hatten an der letzten Demonstration am 3. Februar teilgenommen, die auch von der MLPD unter Losung "Solidarität mit dem Kampf um jeden Arbeitsplatz bei Qimonda - konzernweit und international!" solidarisch unterstützt worden war. Doch geht es nach dem Betriebsratsvorsitzenden Dr. Martin Welzel, soll eine Diskussion über diesen Standpunkt diesmal um jeden Preis verhindert werden.

Der Betriebsratsvorsitzende ist bereits "hinlänglich bekannt als Verfechter von 12-Stunden-Schichten und bekannt für die 'gute Zusammenarbeit' mit der aus Siemens-Geldern geschmierten AUB", heißt es dazu in einem Flugblatt der MLPD Dresden. Zur Unterdrückung von Kritik ist ihm offenbar jedes Mittel recht: "Diesmal wird auch die Teilnahme der MLPD nicht zugelassen und etwaige Plakate/Fahnen werden von den Ordnern entfernt", heißt es in seiner E-mail an die Beschäftigten vom 13. Februar. "Auch das Verteilen von Flugblättern ist verboten."

Obendrein will Welzel den Demo-Teilnehmern sogar noch vorschreiben, was sie lesen dürfen und was nicht: "Daher auch bitte keine Flugblätter annehmen, sonst müssen wir die Straßenreinigung bezahlen!" Der willkürliche Ausschluss von Teilnehmern aus einer Demonstration und das Verbot von Flugblättern sind selbst nach geltendem Recht gar nicht zulässig - auch nicht durch den Veranstalter selbst. Die angekündigten Zensurmaßnahmen schaden der Solidarität und gewerkschaftlichen Einheit, sind ein beispielloser Angriff auf das demokratische Recht der Versammlungsfreiheit und müssen daher unverzüglich zurückgenommen werden!

In einem aktuellen Interview mit der "Roten Fahne" zu diesem Vorgang sagt der Rechtsanwalt Peter Weispfenning, Gelsenkirchen: "Bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel ist es auch nicht erlaubt, Personen oder Personengruppen von vornherein von der Teilnahme auszuschließen, schon gar nicht durch den Organisator oder Leiter dieser Versammlung. Nur die Polizei dürfte bei 'gröblicher Störung' eines 'ordnungsgemäßen Ablaufs' Teilnehmer ausschließen. Klassisch bezieht sich das z.B. auf betrunkene Randalierer, Radaubrüder oder ähnliches.

Ausdrücklich nicht gemeint sind damit kritische Stimmen, Veröffentlichungen, Plakate oder vergleichbares. So hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt: 'Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit schützt auch nicht nur solche Teilnehmer vor staatlichen Eingriffen, die die Ziele der Versammlung oder die dort vertretenen Meinungen billigen, sondern kommt ebenso denjenigen zugute, die ihnen kritisch oder ablehnend gegenüberstehen und dies in der Versammlung zum Ausdruck bringen wolle.' (BVerfGE 84, 203). Gegen solche kritischen Meinungen dürfen weder der Versammlungsleiter, noch die Ordner, noch die Polizei Maßnahmen ergreifen. Sie haben sonst mit empfindlichen Folgen zu rechnen.

So heißt es im führenden versammlungsrechtlichen Kommentar 'Demonstrations- und Versammlungsfreiheit', dem so genannten 'Dietel/Gintzel/Kniesel': 'Weisungen, die Äußerungen einer Gegenmeinung verbieten (Mitführen eines Spruchbandes, dessen Aussage den Intentionen der vom Veranstalter oder Leiter vorgesehenen Demonstration widerspricht), sind unzulässig. Die Polizei hat die Rechte des Teilnehmers gegen Leiter und Ordner zu schützen.' (§ 19, Rn. 24)". Der vollständige Text des Interviews erscheint in der nächsten "Roten Fahne".

Hier das Dresdner MLPD-Flugblatt "Qimonda aktuell 2": Seite 1 und Seite 2