Betrieb und Gewerkschaft

Skandalöses Verfahren gegen Porsche-Vertrauensmann Uli Schirmer

Stuttgart (Korrespondenz), 23.02.09: Am Freitag vorletzte Woche gab es einen erneuten Höhepunkt im jetzt sechsjährigen Kesseltreiben des Porsche-Vorstands in Stuttgart gegen den Arbeiter und Vertrauensmann Uli Schirmer. Er wurde bekanntlich, wie "rf-news" wiederholt berichtete, politisch motiviert gekündigt. Er hat seitdem dagegen laufend vor Gericht gewonnen. Porsche hat immer wieder mit erneuten Kündigungen nach gelegt und das Verbot, den Betrieb zu betreten, fortgesetzt.

Die Kündigung kann sich in keinem nachgewiesenen Fall auf Äußerungen von Uli Schirmer gegen Porsche stützen. Das hatte schon das Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen. Porsche kreidet Uli Schirmer Äußerungen an wie "menschenverachtende Ausbeutung" und "Jagd auf Kranke". Dabei sei nicht mal entscheidend, ob diese und ähnliche Äußerungen durch ihn persönlich gefallen seien.

Durch seine Mitgliedschaft im Solikreis müsse er sich alles zurechnen lassen, was von dort aus gesagt oder geschrieben wird. Porsche müsse es nicht hinnehmen, dass ein Mitarbeiter Mitglied in einer Organisation sei, die die Dinge im Konzern beim Namen nennt. Uli Schirmer müsse sich aktiv vom Solikreis distanzieren, wenn er bei Porsche arbeiten wolle.

Logisch weiter gedacht hieße das, wie ein Besucher bemerkte, dass auch jegliche Mitgliedschaft in einer kämpferischen Gewerkschaft Kündigungsgrund sein dürfe. Während die Vorsitzende Richterin dieser antidemokratischen und volksfeindlichen Propaganda der Porsche-Anwälte breiten Raum gab, wurde minutiös ausgeforscht, welche Kritik Uli Schirmer irgendwo zu welchem Zeitpunkt gegen Porsche geäußert haben könnte.

Rund 30 Freunde und Kollegen unter anderem von den Montagsdemonstranten, von der Wählerinitiative "Offensiv für Volker Kraft und Peter Borgwardt" sowie aus verschiedenen Betrieben waren gekommen, um Uli Schirmer den Rücken zu stärken. Porsche ist es in dieser ganzen Zeit nicht gelungen, Uli Schirmer zum Aufgeben zu zwingen. Obwohl Porsche ganz schön viel eingesetzt hatte,  nicht zuletzt  viel Geld.

Allein an Strafen für die Nicht-Durchführung der Wiedereinstellungs-Urteile für Uli Schirmer musste der Konzern bisher 75.000 Euro hinblättern. Dazu kommt sicher noch mal eine ähnliche Summe für die externen Staranwälte. Dass Porsche damit nicht durchkam, ist auch der ungebrochenen Solidarität zu verdanken, die Uli Schirmer in der ganzen Zeit erhielt - insbesondere auch durch den Solikrais. Alle Beteiligten waren sich anschließend klar: Für die Kündigung gibt es keinerlei Rechtfertigung.

Doch der eigentliche Skandal war dann das Urteil, das am Nachmittag bekannt gegeben wurde: Danach ist zwar die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch Porsche unwirksam. Gleichzeitig wurde von Seiten des Gerichts aber das Arbeitsverhältnis zum 31. März aufgehoben und Porsche zur Zahlung des lächerlichen Betrags von 25.000 Euro als Abfindung verurteilt. Selten wurde so eindeutig der Charakter der Klassenjustiz deutlich.

Nachdem es Porsche in sechs Jahren nicht gelungen ist, Uli Schirmer klein zu kriegen und die breite Solidarität zu brechen, soll offenbar eine absehbare Niederlage des Porsche-Vorstands verhindert werden. Dieses Urteil muss schnellstens vom Tisch, denn es ist ein offener Angriff auf das Koalitionsrecht der Arbeiterklasse und die Meinungsfreiheit.