Betrieb und Gewerkschaft
Stundenlohn von 56 Cent für Stralsunder Kellnerin
Rostock (Korrespondenz), 28.02.09: Noch weniger geht kaum noch - in Stralsund beschäftigt ein Kneipier eine Kellnerin zum Brutto-Stundenlohn von 56 Cent. Ein Bestattungshelfer wird in der Hansestadt mit 1,52 Euro pro Stunde abgespeist, ein Taxifahrer erhält 1,12 Euro und ein Zimmermädchen 1,45 Euro. Unglaublich, aber wahr – die Stralsunder Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung Langzeitarbeitsloser (Arge) hat solche Fälle dokumentiert.
Die Kellnerin ist Negativ-Spitzenreiterin in einer Liste von etwa 500 Kollegen, die einen äußerst niedrigen Lohn erhalten und mit Hartz-IV-Leistungen "aufstocken" müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Die Arge Stralsund ist bislang die einzige in Mecklenburg-Vorpommern, die solche Fälle öffentlich anprangert und juristisch gegen sie vorgeht. Gegen ein Stralsunder Fischrestaurant zog die Arge vors Arbeitsgericht – und gewann. Zwei Servierkräfte und ein Koch waren mit Stundenlöhnen von unter drei Euro und teilweise sogar unter einem Euro bezahlt worden.
Das ist sittenwidrig, entschied das Gericht und verurteilte den Betreiber zur Zahlung von 6000 Euro an die Arge. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist der bundesweit erste bekannt gewordene Fall, bei dem eine Arge gegen eine Firma unter dem Vorwurf des Lohndumpings geklagt hatte. Der Arbeitslosenverband erneuerte seine Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn.