Politik

Abwiegelei und Spurenverwischung nach Hauseinsturz in Köln

04.03.09 - Am 3. März stürzte in der Kölner Innenstadt das Stadtarchiv in die 28 Meter tiefe Baugrube der U-Bahn. Aufgrund unterirdischer Rutschungen kippte das Gebäude aus den 1970er Jahren laut des aktuellen Stands der Rekonstruktion als Ganzes auf den Deckel der U-Bahn, drückte diesen ein und verschwand in der Tiefe. Mehrere Menschen sollen nach Augenzeugenberichten mitgerissen worden sein. Die Zahl der vermuteten Opfer schwankt zwischen dreißig und zwei Personen.

Seit Jahren ranken sich Skandale um diesen bundesweit größten innerstädtischen Infrastrukturbau, dessen Kosten sich gegenüber der Planung auf knapp eine Milliarde Euro fast verdoppelt haben. 2004 neigte sich bereits ein Kirchturm (Baujahr 985) um siebzig Zentimeter.  Anwohner über der Neubaustrecke beklagen seit Jahren Risse an ihren Häusern.

Auch am Stadtarchiv waren seit Monaten bedenkliche Risse bekannt und auch gemeldet worden. Beschäftigte des Stadtarchivs hatten zudem eine deutliche Neigung des Gebäudes beobachtet. Noch vor wenigen Wochen waren Gutachter und ein Statiker im Auftrag der Kölner Verkehrs Betriebe (KVB) im Haus. Doch die festgestellten Risse und Veränderungen am Gebäude wurden für unbedenklich erklärt,  Sicherungsmaßnahmen verworfen.

In einer ersten Erklärung der Sprecherin der KVB kurz nach dem Geschehen wurde jeder Zusammenhang zwischen dem U-Bahn-Bau und dem Einsturz des historischen Stadtarchivs, das wertvollste Dokumente aus tausend Jahren Stadtgeschichte beherbergte, bestritten. Jetzt sei "nicht die Zeit, Ursachenforschung zu betreiben", wiegeln Verantwortliche der Stadt Köln ab.

Soll damit vertuscht werden, dass der U-Bahn-Bau um jeden Preis vorangetrieben werden sollte, weil er den Investoren bzw. federführenden Baukonzernen wie Bilfinger Berger AG, Wayss & Freytag sowie Züblin riesige Profite verspricht? An dem Auftragsvolumen, das von ursprünglich 630 auf mittlerweile 950 Millionen Euro angewachsen und zu 90 Prozent von Bund und Ländern finanziert wird, verdienen sie sich jetzt schon eine goldene Nase.

Obwohl Experten angesichts des Kiesbodens in Köln besondere Vorsichtsmaßnahmen anmahnten, wurde der U-Bahn-Bau forciert und der Boden lediglich zweimal - vor der Ausschreibung und kurz nach Baubeginn - stichpunktartig untersucht. Ein Wülfrather Ingenieurbüro warnte nach Informationen des "Spiegel" bereits im Oktober 2004 in einem Gutachten vor "bedienungsbedingten vermeidbaren Auflockerungen und Hohlraumbildungen" im Erdreich unter der Kölner Südstadt. Von der KVB wurden die kritischen Passagen des Gutachtens unter Verschluss gehalten und nur Entlastendes an die Öffentlichkeit gebracht.

* Vollständige Aufklärung der Ursachen des Gebäudeeinsturzes!

* Volle Haftung der Bauträger und der Stadt Köln gegenüber den Opfern und ihrer Familien!