Betrieb und Gewerkschaft
Tarifeinigung im öffentlichen Dienst - nachgerechnet
02.03.09 - Am Sonntag vereinbarten die Verhandlungsführer der Bundesländer und die Verdi-Führung eine Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst der Länder. Was der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) als "fairen Kompromiss" bezeichnet, wäre in Wirklichkeit ein fauler Tarifabschluss, der ohne den vollen Einsatz der gewerkschaftliche Kampfkraft zustande kam.
Allerdings mussten die Landesregierungen aufgrund der kämpferischen Initiativen der Verdi-Basis auch Zugeständnisse gegenüber den zunächst beabsichtigten minimalen Lohnsteigerungen machen. Das zeigt auch die Angst der Regierung vor harten Kämpfen im Wahljahr und in der Wirtschaftskrise.
Statt der geforderten Lohnerhöhung von 8 Prozent und mindestens 200 Euro im Monat bei einer Laufzeit von 12 Monaten sieht die getroffene Einigung lediglich eine dreiprozentige Erhöhung plus 40 Euro Sockelbetrag ab dem 1. März 2009 sowie eine weitere Erhöhung von 1,2 Prozent ab 1. März 2010 vor. Dafür entfällt allerdings künftig das Leistungsentgelt. Für die Monate Januar und Februar 2009 gibt es zusammen eine Einmalzahlung von gerade mal 40 Euro. Auszubildende erhalten 60 Euro ab 1. März 2009 und noch einmal 1,2 Prozent mehr ab 1. März 2010. Die längst fällige Anpassung der Löhne im Osten soll erneut auf den 1. Januar 2010 verschoben werden.
Wenn in den bürgerlichen Medien nun von bis zu "5,8 Prozent Lohnerhöhung" gesprochen wird, ist das ein Täuschungsmanöver. Sockelbetrag, Einmalzahlungen und prozentuale Erhöhungen werden dabei einfach addiert. Tatsächlich führen aber nur die Festgeld- und die prozentualen Erhöhungen zu einem dauerhaften nominalen Anstieg der Tariflöhne. Umgerechnet auf die längere Laufzeit entspricht das einer jährlichen Erhöhung von lediglich 2,8 Prozent.
Während Frank Bsirske erklärt, "mit diesem Ergebnis haben wir unsere Kernziele erreicht", dürften viele Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst der Länder nicht zufrieden sein. Nach jahrelangem Reallohnverlust wird auch die jetzige Lohnerhöhung weitgehend durch die Teuerungsrate aufgefressen.
Dass man in der Krise kämpfen kann, bewiesen in den vergangenen Wochen mehr als 100.000 Beschäftigte von Verdi, GEW, GdP, IG BAU und dbb tarifunion, die gemeinsam bundesweit auf die Straße gegangen waren. Ihre Kampfbereitschaft wurde gar nicht richtig eingesetzt. Warum sollen die Werktätigen zurückstecken, während Milliarden für Banken fließen? Das leuchtet immer weniger Menschen ein.
Trotzdem billigte die Bundestarifkommission mit einer Gegenstimme und vier Enthaltungen das Ergebnis und empfahl es zur Annahme. Dazu werden vom 3. bis zum 12. März die Mitglieder befragt, erst dann ist der Vertrag angenommen. Jetzt sind die Mitglieder am Zug, trotz Drohgebärden über Krisenlasten ein solches Ergebnis nicht anzunehmen.