International
Weltwirtschaftskrise: Hunger und drastisch wachsende Arbeitslosigkeit in den USA
07.03.09 - Die Weltwirtschaftskrise hat in den USA zunehmend drastische Auswirkungen. Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und Hunger nehmen als Folge der Abwälzung der Krisenlasten auf die breiten Massen stark zu. Am Freitag stürzte der US-Aktienindex Dow Jones auf den tiefsten Stand seit 12 Jahren, nachdem die offiziellen Arbeitslosenzahlen veröffentlicht wurden. Ob Chrysler, General Motors oder Ford - fast täglich verkünden die Manager der noch produzierenden Industriebetriebe, dass bald erneut zehntausende von Arbeitern entlassen werden.
600.000 waren es im Januar, im Februar kamen weitere 778.000 Entlassungen hinzu ("ftd-online", 5.3.09). Die offizielle Arbeitslosenstatistik gibt betrügerisch nur ca. 8 Prozent arbeitslos gemeldete Personen an. In den USA gilt bereits derjenige als "beschäftigt", der eine Stunde pro Woche arbeitet. Wer in den USA arbeitslos wird, verliert zumeist auch seine Krankenversicherung und ist angesichts der hohen Arztrechnungen schnell vom persönlichen Bankrott bedroht.
In der Regel wird ein halbes Jahr lang maximal 50 Prozent des letzten Entgelts als Arbeitslosenunterstützung gezahlt. Danach gibt es eine Handvoll Dollar Sozialhilfe, höchstens fünf Jahre lang darf man sie im Leben beanspruchen. Zahlreiche Bundesstaaten in den USA stehen angesichts einer Staatsverschuldung von über 50 Billionen US-Dollar vor dem Bankrott und wissen nicht, wie sie überhaupt noch Geld an Arbeitslose auszahlen sollen.
Jeder fünfte US-Hausbesitzer mit einer Hypothek schuldet den Banken mittlerweile mehr Geld als seine Immobilie noch wert ist. Die Familien müssen die Häuser an die Bank zurückgeben, da in den USA die Hypothekenschuld an das Haus gebunden ist und nicht an den Schuldner. Die Betroffenen werden meist obdachlos.
Eine täglich wachsende Zahl von US-Amerikanern gilt als "sehr arm", leidet Hunger und ist nicht mehr in der Lage, sich jeden Tag eine Mahlzeit zu bereiten. Bereits im Herbst 2008 waren 31 Millionen Amerikaner auf Lebensmittelmarken (Food Stamps) angewiesen. Berechtigt zur Teilnahme sind Menschen, die ein Einkommen von 130 Prozent unterhalb der offiziellen Armutsgrenze haben.
Alleine in New York erhalten 1,2 Millionen Menschen Lebensmittelkarten, 32 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Wer einen Antrag stellt, muss seine Fingerabdrücke registrieren lassen, angeblich um Betrug zu verhindern. Das schreckt aber viele ab. Joel Berg von der "New York City Coalition Against Hunger" nimmt an, dass es allein in New York eine halbe Million Menschen mehr gibt, die Anspruch erheben könnten, aber sich deshalb nicht registriert haben.
Heute verteilt die Regierung keine Papiergutscheine mehr, sondern elektronische Karten, die jeden Monat mit durchschnittlich 100 Dollar (79 Euro) pro Person aufgeladen werden. Das zuständige Landwirtschaftsministerium vermeidet seit 2008 den Begriff Essensmarken, sondern spricht nur noch vom "Hilfsprogramm zur Nahrungsergänzung". Durchschnittlich drei Dollar erhalten Bedürftige pro Tag für den Einkauf im Supermarkt. Das zwingt zu Abstrichen bei der Ernährung. Die Menschen kaufen nur, was billig ist, sich lange hält und satt macht.
Das Monatsguthaben ist häufig bereits nach zwei oder drei Wochen aufgebraucht. "Viele Familien gehen dann in die Obdachlosen-Suppenküchen", sagt Ellen Vollinger, Direktorin der Organisation FRAC, die in der Hauptstadt Washington Lobbyarbeit gegen Hunger betreibt. "Viele Amerikaner wissen nicht mehr, wo ihre nächste Mahlzeit herkommen soll. Aber auch jene, die noch eine Stelle haben, hängen immer stärker von den 'Food Stamps' ab. Viele haben mehr als einen Job, aber der Lohn reicht trotzdem nicht. Familien lassen Mahlzeiten aus, um ihre Miete zu bezahlen, Eltern hungern für ihre Kinder, und manchmal hungern auch Kinder in Amerika - das ist eine Schande."
Den rasanten Absturz der US-Wirtschaft mit seinen dramatischen Folgen für die breite Bevölkerung wird auch das 787 Milliarden schwere Konjunkturprogramm von Barack Obama nicht aufhalten können. Allerdings ist auch in den USA die Krisenentwicklung aufgrund verschiedener dämpfender Maßnahmen erst am Anfang. Das zeigt deutlich, was auf die werktätigen Massen in der Welt zukommt.