Betrieb und Gewerkschaft
Continental: Erst Kurzarbeit und dann Werksschließungen
13.03.09 - Mit Continental hat einer der weltweit größten Automobilzulieferer angekündigt, wegen massiver Einbrüche im Reifengeschäft das Lkw-Reifen-Stammwerk in Hannover mit rund 780 Beschäftigten zu schließen. Im französischen Werk Clairoix mit 1.120 Mitarbeiter will Conti bis Ende März 2010 die Herstellung von Pkw-Reifen einstellen. In dem Konzern arbeiten weltweit 150.000 Beschäftigte an über 200 Standorten in 36 Ländern.
Conti gibt einen Vorgeschmack auf die weitere Entwicklung der Weltwirtschaftskrise: Erst werden die dramatischen Auftragseinbrüche und Produktionsrückgänge mit Arbeitszeitkonten abgewickelt, dann mit Kurzarbeit und Entlassung von Leiharbeitern und befristet Beschäftigten "aufgefangen", um schließlich doch, nachdem die "Mitarbeiter" wie die Zitronen ausgepresst wurden, eiskalt ganze Werksteile oder Werke zu schließen.
In der Reifenproduktion von Conti wurde seit Oktober kurz gearbeitet. Dann wurden von weltweit 10.000 Leiharbeitern 5.000 entlassen. Jetzt werden ganze Werke geschlossen. In Frankreich wäre das Ende des Werkes die bisher größte Arbeitsplatzvernichtung auf einen Schlag seit Beginn der Krise.
Letztes Jahr hörten sich die Zukunftsvisionen der Spitzenmanager noch ganz anders an, als es um den Aufkauf von Conti durch die Unternehmerin Schaeffler ging. Ein neuer Superkonzern für Automobilzulieferkomponenten wurde an die Wand gemalt. Bei dem Deal hatten die Commerzbank und die Royal Bank of Scotland mitgemischt. Neben Bosch soll ein zweiter weltweit agierender deutscher Zuliefererkonzern mit 210.000 Beschäftigten weltweit und 71.000 in der BRD geschaffen werden.
Doch die schnelle Entwicklung der Krise gefährdete diesen Coup. Schaeffler und Conti hatten plötzlich zusammen 23 Milliarden Schulden, Schaeffler drohte zahlungsunfähig zu werden. Das wollten die Banken verhindern und stimmten deshalb gestern einer Zwischenfinanzierung bis 2010 für Schaeffler zu.
Die westeuropäische Reifenproduktion, ursprünglich das Kerngeschäft von Conti, passt längst nicht mehr in das strategische Konzept des geplanten Superkonzerns. Schon 2006 hatte Conti rund 400 Beschäftigte entlassen. Jetzt in der Krise vor dem Hintergrund des Einbruchs in der Automobilproduktion soll die Reifenherstellung nur noch in so genannten "Billiglohnländern" stattfinden.
Der Conti-Betriebsrat in Hannover orientiert die Belegschaft nun darauf, eine im Januar unterschriebener Zusage müsse eingehalten werden, dass Conti "keine betriebsbedingte Kündigungen" vornimmt, wenn auf Lohn verzichtet und einer Ausweitung der Kurzarbeit zugestimmt wird. Wie viel solche Zusagen wert sind, zeigt die Entwicklung in Clairoix. Dort hatte die Gewerkschaft 2007 für eine "Beschäftigungsgarantie" einer Arbeitszeitverlängerung um fünf Stunden auf 40 Stunden zugestimmt.
Dafür sollten die Arbeitsplätze der Beschäftigten bis 2011 "sicher" sein. Aber auch die Belegschaft in Hannover hat Erfahrungen damit. Schon im Mai 2005 wurde eine "Vereinbarung" vom Vorstand vorzeitig aufgekündigt, in der einer unbezahlte Arbeitszeitverlängerung als "Gegenleistung" für die sogenannte "Standortsicherung" bis 2009 zugestimmt wurde. Die Produktion von PKW-Reifen in Hannover sollte zum Jahresende 2006 trotz hoher Profitabilität eingestellt werden.
Die Beschäftigten haben damals gezeigt, dass sie auch anders können. Ende November 2005 besetzten sie die Tore. Am 6. Dezember 2005 wurde eine Betriebsversammlung aller 26 Werke in Deutschland organisiert. Damals wie heute geht die Auseinandersetzung unter den Belegschaften um zwei gegensätzliche Wege: Vertrauen auf die bürgerlichen Politiker und ihren Verhandlungen, oder die Sache selber in die Hand zu nehmen und konzernweit einen entschlossenen Kampf um jeden Arbeitsplatz aufzunehmen.
Aus den Erfahrung 2006 gilt es die richtige Schlüsse zu ziehen. Alle Beschäftigten von Conti sind eine Belegschaft - sie dürfen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen! Die Vorstandspläne müssen komplett vom Tisch! Eine Forderung die alle zusammenschließen kann ist: Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich als Konzernvereinbarung!