MLPD
Winnenden: Gemeinsam trauern – aber auch gemeinsam nach den Verantwortlichen suchen!
12.03.09 - Die Landesleitung der Baden-Württemberg der marxistisch-leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) gab heute aktuell zum gestrigen Amoklauf in Winnenden eine Erklärung an die betroffenen Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Eltern der Albertville-Realschule in Winnenden und die Anteil nehmende Bevölkerung heraus. Darin heißt es:
Große Trauer und auch Abscheu erfüllt uns angesichts der 16 Toten des Amoklaufs von Winnenden, von denen viele erst noch am Anfang ihres Lebens standen. In diese Trauer mischen sich jedoch auch Gefühle der Wut und Empörung angesichts der Heuchelei der verschiedenen bürgerlichen Politiker, die scheinbar so menschlich ihre Fassungslosigkeit bekunden. Ein paar Tage wird dies anhalten, dann verschwindet das Thema wieder von der Tagesordnung, wie nach den Amokläufen von Erfurt 2002 und Emsdetten 2006. Und dies obwohl das Innenministerium Baden-Württemberg sehr wohl weiß, dass es in den letzten zwei Jahren allein 114 Amokdrohungen an den Schulen des Landes gab.
Auch wir wissen natürlich derzeit nicht, was konkret die Bluttat des 17-jährigen Mordschützen auslöste. Wir fragen jedoch und klagen an: Warum wurden nicht längst faschistoide Killerspiele der Gattung "Egoshooter", wie z.B. wie "Counterstrike" verboten? Obwohl bekannt ist, dass zahlreiche Amokläufe der letzten Jahre bis in Detail der menschenverachtenden Dramaturgie dieser Computerspiele folgten. Zugleich schwappt auch eine wahre Welle von reaktionärer Gewalt geprägten Videos über die Jugend herein.
Dass dies legal möglich ist, liegt nicht allein an der Profitgier der Hersteller. Systematisch soll offenbar das Denken und Fühlen von Jugendlichen abgestumpft und verroht werden. Nicht zufällig sind es oftmals die gleichen Politiker, die einerseits ihre Trauer bekunden und anderseits Bundeswehrsoldaten rund um den Globus schicken. Zunehmend zu so genannten "harten Einsätzen", wo auch "das Töten gelernt" und gegebenenfalls zur täglichen Praxis werden soll.
Nichts aber auch nichts rechtfertigt selbstverständlich die Bluttat dieses 17-Jährigen. Und doch ist bereits Minuten nach der Tat im internet eine vollkommen berechtigte und notwendige Debatte mit einer ständig wachsenden Teilnehmerzahl entbrannt, warum so viele Jugendlichen unter Gefühlen von Perspektivlosigkeit leiden? Fehlende Lehrstellen und Nichtübernahme, eine wachsende Kinderarmut, vor deren drastischer Verschärfung erst zu Anfang der Woche der Präsident des Kinderschutzbundes warnte, zeigen, dass dieses kapitalistische System großen Teilen der Jugend eben keine Zukunft bieten kann.
Zunehmender Leistungsdruck an den Schulen schafft als vermeintlicher Ausweg ein Klima der Konkurrenz und die Gefahr der Entsolidarisierung. 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler fühlen sich nicht mehr wohl an den Schulen und werden ständig gemobbt. Wenn jetzt Lehrer zurecht darauf hinweisen, dass viel zu wenig Zeit und Kräfte vorhanden sind, um sich ausreichend um die Schüler zu kümmern, so hat dies doch handfeste gesellschaftliche Ursachen...
Wir stehen erst am Anfang der größten Wirtschaftskrise dieses kapitalistischen Systems, was auch die Gefahr hervorruft, dass sich solch abscheuliche Taten in Zukunft mehren. Noch mehr aber wird nach unserer festen Überzeugung die berechtigte Rebellion der Jugend zu spüren sein! Sie will gestalten, Sinnvolles leisten, strebt nach Neuem. Die MLPD und ihr Jugendverband REBELL haben es sich zum besonderen Ziel gesetzt, diese Rebellion der Jugend zu fördern, zu organisieren und dabei Jung und Alt zusammenzuschließen.
Diese Woche des Amoklaufes von Winnenden hatte auch begonnen als Aktionswoche des Kampfes gegen die geplante Verschärfung des Versammlungsrechts in Baden-Württemberg, eines notwendigen Rechts im Kampf um unser aller Zukunft. Dabei ist es ein geradezu zynisches Detail, dass der baden-württembergische Innenminister erst aus dem "Lagezentrum" in Baden-Baden nach Winnenden eilen musste. In diesem Lagezentrum wird vorbereitet, wie der zu erwartende Protest tausender friedliebender Jugendlicher gegen den NATO-Gipfel Anfang April von staatlicher Seite aus behindert und unterdrückt werden soll.
Angesichts dieser unabweisbaren Tatsachen verbindet sich unsere große Trauer mit Euch und Ihnen auch mit der Aufforderung an uns selbst, zusammen mit einer immer größeren Zahl von Jugendlichen und Erwachsenen für eine sozialistische Alternative zum Kapitalismus einzutreten. In diesem echten Sozialismus wird die Jugend mit all ihren Talenten und Fähigkeiten gebraucht und steht der Mensch im Mittelpunkt, anstelle der menschenverachtenden Profitlogik - mit all ihren Konsequenzen!
Wir wünschen Euch und Ihnen nochmals viel Kraft und Unterstützung in der sicher schwierigen und viel Zeit erfordernden Verarbeitung der schlimmen Erfahrungen – unsere Solidarität ist Euch und Ihnen gewiss.
Stuttgart, den 12.März 2009
Peter Borgwardt, Landesvorsitzender der MLPD Baden-Württemberg
Julia Scheller, Mitglied der Verbandsleitung des REBELL