Politik

Wahlkampf-"Bonus" für Rentner - "Nettogewinn" für wen?

17.03.09 - Die Bundesregierung hat ihre gestern bekannt gegebene Rentenerhöhung von 2,4 Prozent (West) und 3,4 Prozent (Ost)als "höchsten Anstieg der Renten seit 1994" (Bundesarbeitsminister Scholz) und als einen "wirklichen Nettogewinn" (Kanzlerin Merkel) gefeiert. Mal abgesehen von einer kleinen Minderheit von Rentnern wie Herr Zumwinkel, der sich 20 Millionen Euro Abfindung gesichert hat und nicht mal auf die staatliche Rente angewiesen wäre, dürfte die Freude auf ihren Lebensabend bei der großen Masse der Rentner sehr getrübt sein.

Ein Korrespondent aus Oberhausen schrieb uns heute früh: "Die spektakulär verkündete Rentenerhöhung ist nur ein kleines, soziales Trostpflaster für die 20 Millionen Rentner in Deutschland. (...) Die Erhöhung um 2,41 Prozent in Westdeutschland würde die Durchschnittsrente um 26,29 Euro erhöhen, die Erhöhung der Durchschnittsrente Ost um 3,38 Prozent macht 32,75 Euro monatlich aus. Allerdings verschleiert die 'Durchschnittsrente' den Blick, denn Millionen von Rentnern liegen unter dem Schnitt und müssen mit einigen Hundert Euro im Monat zurecht kommen. So haben viele allein stehende Frauen nach Angaben der IG Metall gerade mal 450 Euro zum Leben. Die Rentenerhöhung gleicht nicht einmal den Inflationsverlust aus."

Olaf Scholz versteigt sich zur Jubelarie, die Rentenerhöhung zeige, dass auf "unseren Sozialstaat Verlass" sei. 5,6 Milliarden Euro für 20 Millionen Rentner und hunderte Milliarden für die Banken demonstrieren tatsächlich das Betrugsgebilde Sozialstaat, der angeblich zum Wohle aller da sein soll.

Für viele wäre die Rentenerhöhung sofort notwendig. Sie soll aber erst ab Juli gelten. Die geringfügige Netto-Steigerung der Renten ist einerseits ein Zugeständnis an die Rentner - und ein Versuch, vor den Wahlen Stimmung für die Regierung zu machen.

Von einem "Geschenk" kann aber überhaupt nicht die Rede sein. Diese Rentenerhöhung ist eine fällige Anpassung an die Lohnerhöhungen im Vorjahr. Also ein Ergebnis der Kampfkraft der Arbeiter und Angestellten in den Tarifrunden 2008! Genau das, was die Regierung und die Unternehmerverbände als Untergrabung ihrer sozialen Marktwirtschaft verteufelt hatten. Die Lohnkämpfe der Arbeiterklasse sind die Lokomotiven für das Existenzniveau der Massen, für Rentner und Arbeitslose. Das beweist nur, wie richtig es ist, in der Krise gegen die Abwälzung der Krisenlasten in die Offensive zu gehen. 

Die mit der Rentenanpassung verbundene Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um mickrige 8 Euro liegt bei weitem unter dem dringend notwendigen und von den Montagsdemonstrationen geforderten Hungerzuschlag von 50 Euro. Der Trick mit der Rentenerhöhung ist allzu durchsichtig. Denn mit dem Rentenanpassungsgesetz wurde die Dämpfung der Rentenanpassung mittels des Riester-Faktors ausgesetzt und zugleich bereits beschlossen, dass er ab 2012/2013 wieder die Rentenerhöhungen zunichte machen wird. Die Regierung glaubt wohl, die Rentner wären nicht in der Lage, über den Tag hinaus zu denken? Ohne harten Kampf wird den Arbeitern und der Bevölkerung in der Weltwirtschaftskrise nichts geschenkt.

Einen kleinen Vorgeschmack auf die Antwort der Masse der Rentner bekam die Regierung schon am letzten Samstag. In Heilbronn schlossen sich Rentner, Metaller unter anderem von Audi, Montagsdemonstranten, Parteien wie die Linkspartei und MLPD sowie Jugendliche unter anderem von REBELL und Rotfüchsen zu einer kämpferischen Rentnerdemonstration mit 2.000 Teilnehmern zusammen. "Jung und Alt - wir lassen uns nicht auseinanderdividieren", war eine der Losungen.