Politik

Köhlers Märchenstunde

25.03.09 - Unser Staatsoberhaupt hat der Nation mal wieder die Leviten gelesen. In seiner vierten "Berliner Rede" hat uns Bundespräsident Horst Köhler endlich mal erklärt, woher die Wirtschaftskrise kommt und was jetzt zu tun ist. Er muss es schließlich wissen, hat er doch während seiner fünf Jahre als Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) tatkräftig dafür gesorgt, Milliardensummen aus den abhängigen Ländern herauszupressen und an das internationale Finanzkapital - unter anderem für Spekulationsgeschäfte - umzuverteilen. Mit Unschuldsaugen gab er jetzt den "Mahner", der schon immer vor den Risiken dieses Finanzsystems gewarnt hat.

Zur Finanz- und Weltwirtschaftskrise gekommen ist es natürlich nur, weil die Bankmanager "langfristiges Denken", ihre "Verantwortung für das Allgemeinwohl" und überhaupt ihren "Anstand" verloren haben. Doch wann in der 200-jährigen Geschichte des Kapitalismus ging es den Banken und Konzernen je um etwas anderes als um die von Köhler angeprangerte möglichst "kurzfristige Maximierung der Rendite"?

Solche Widersprüche zur schnöden Realität sind für unseren Bundespräsidenten kein wirkliches Problem. Damit nicht noch mehr Leute "beginnen, am Wert und Fortbestand des marktwirtschaftlichen Systems zu zweifeln", vertröstet er uns eben darauf, die "soziale Marktwirtschaft" neu zu "entdecken".

Wie er das mit dem "Sozialen" meint, hat uns Horst Köhler auch gleich mit auf den Weg gegeben: "Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt" und sollen uns zukünftig in mehr "Bescheidenheit" üben. Das mit der "Bescheidenheit" gilt allerdings mehr für die Masse der Bevölkerung, während die Banker und Konzernmanager auf weitere staatliche Milliarden hoffen dürfen - mit Köhlers Segen.