Politik
Trauerfeier in Winnenden: Medienspektakel mit Politprominenz?
Stuttgart (Korrespondenz), 24.03.09: Am 11. März hatte der 17-jährige Tim K. ausgehend von einem Amoklauf an seiner ehemaligen Schule 15 Menschen und schließlich sich selbst getötet. Am Vormittag des 21. März liegt eine tiefe Stille über der Stadt. Die Läden in der Innenstadt haben geschlossen. Es wird wenig gesprochen, nur das Nötigste. Kleine Gruppen von Menschen, meist schwarz gekleidet, sind in verschiedenen Richtungen unterwegs. Zur Kirche, wo der Gottesdienst abgehalten wird, zum Stadion, wo viele Menschen die Übertragung aus der Kirche auf Video-Leinwänden verfolgen konnten, zur "Alten Kelter" mit einer "Gedankenwand", auf der viele Menschen mit Filzstift festgehalten haben, was sie bewegt.
Ein Riesenaufgebot der Polizei hat den Kern der Innenstadt abgesperrt, Feuerwehr und Rettungskräfte sind an verschiedenen Punkten konzentriert. Ministerpräsident Oettinger hatte sogar 100.000 Besucher erwartet, gekommen waren rund 7.500. Glaubte er wirklich, die Menschen brauchten in ihrer Trauer ein Medienspektakel mit Politprominenz? Vielen Menschen waren schon im Vorfeld die Auftritte der Politiker zuwider. Hätten diese doch besser rechtzeitig Konsequenzen gezogen.
In seiner Rede sagte Bundespräsident Köhler: "Zum Beispiel wissen wir doch schon lange, dass in ungezählten Filmen und Computerspielen extreme Gewalt, die Zurschaustellung zerstörter Körper und die Erniedrigung von Menschen im Vordergrund stehen. Sagt uns nicht der gesunde Menschenverstand, dass ein Dauerkonsum solcher Produkte schadet?" Schon lange weiß er das also! Was haben er und die Regierung dagegen getan? Bundeskanzlerin Merkel war übrigens auch anwesend, hatte aber nichts zu sagen.
Tatsächlich wird doch in dieser kapitalistischen Gesellschaft alles, auch die Erziehung der Jugend dem Profitstreben unterworfen! Was sich im Kopf des Täters Tim K. zusammengebraut hatte, ist ein Produkt davon! Deshalb können wir uns nicht mit einzelnen Verboten begnügen, wir brauchen eine Gesellschaft, in der die Jugend eine Zukunft hat und ihre Betätigung in der Gestaltung dieser Zukunft findet.