Betrieb und Gewerkschaft

"Wir wollen den Kakao nicht noch trinken, durch den man uns gezogen hat"

Heidelberg (Korrespondenz), 04.04.09: 6.000 Kolleginnen und Kollegen versammelten sich Donnerstag vor dem Hauptgebäude der Heidelberger Druck AG zu einer Protestkundgebung, um gegen die geplante weitere Vernichtung von 2.500 Arbeitsplätzen am Standort Wiesloch zu protestieren. Insgesamt sollen an den Standorten in Deutschland 3.500 Arbeitsplätze vernichtet werden. Aus allen Standorten in Deutschland waren Delegationen anwesend, um ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen, aber auch um zu zeigen, dass wir uns gemeinsam wehren wollen.

Es waren außerdem Delegationen von umliegenden Betrieben und von dem Zulieferbetrieb ART in Hockenheim anwesend. Es lagen zahlreiche Solidaritätsresolutionen vor, die weiteste kam von einer Niederlassung in Australien. Von der MLPD Kreis Rhein-Neckar wurden über 2.000 Solidaritätserklärungen unter der Losung "Nur wer kämpft, kann gewinnen" verteilt.

Neben der Kündigung des Zukunftssicherungsvertrags II zum 1.7.2009 will die Konzernspitze weitere 30 Millionen Euro an Personalkosten einsparen, durch die Streichung von betrieblichen Sonderzahlungen, Kürzung des Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die Verschiebung der Lohnerhöhung um sieben Monate. Sarkastisch meinte ein Redner: "Die weiteren Lohneinsparungen entsprechen ziemlich genau der Summe, die sie an Abfindungen zahlen müssten. Damit würden wir noch unsere eigene Entlassung finanzieren." Darüber herrschte eine große Empörung unter den Kolleginnen und Kollegen.

Die weitere Vernichtung von Arbeitsplätzen bei Heidelberger Druck wurde bekannt. So sollen in Amstetten von den 1.500 Beschäftigten 258 entlassen werden, in Ludwigsburg 106, bei dem Zulieferer ART in Hockenheim sollen 145 entlassen werden, so dass nur noch 100 Beschäftigte übrig bleiben, der Standort in Mönchengladbach mit 130 Beschäftigten soll ganz geschlossen und nach Wiesloch verlagert werden. Die Kolleginnen und Kollegen hatten ein Transparent mit der Aufschrift "Wir fühlen uns verraten und verkauft".

Immer wieder, wenn in den Reden der Betriebsratsvorsitzenden von allen Standorten betont wurde, dass wir das nicht kampflos hinnehmen wollen, gab es großen Beifall. Als ein Redner betonte, dass in unserem System etwas schief läuft, kamen die Zwischenrufe aber gewaltig! Es wurde betont, dass die Jugend die ersten sind, das dürfen wir aber nicht zulassen, wir brauchen die Jugend. Stattdessen wurde die Abschaffung der Rente mit 67 gefordert - breiter Beifall.

Ernüchterung gab es über die Tauglichkeit von Zukunftssicherungsverträgen, für die viel geopfert wurde im Glauben, in schlechteren Zeiten abgesichert zu sein. Dazu betonte ein Redner: "Wir wollen den Kakao nicht noch trinken, durch den man uns gezogen hat." Auch die Finanzkrise und das Verhalten der Bank- und Wirtschaftsmanager löste breiten Protest aus, diese wurden mit Bankräubern verglichen, denen man für ihre Beute auch noch Zinsen zahlt.