Umwelt

Reaktorkatastrophe in Tschernobyl mahnt: Alle Atomanlagen sofort stilllegen!

25.04.09 - Morgen jährt sich zum 23. Mal die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Aus diesem Anlass finden in Münster, sowie vor den AKW's Krümmel und Neckarwestheim Demonstrationen gegen  das Totschweigen der Folgen und für die sofortige Stilllegung der Atomanlagen statt. Immer wieder kommt es in den weltweit betriebenen Atomkraftwerken zu Störfällen, so wie am 16. April im schwedischen AKW Forsmark 2, wo eine Notabschaltung eingeleitet wurde. Die bisher schwerste Umweltkatastrophe im Atomreaktor von Tschernobyl ereignete sich am 26. April 1986 in der damaligen Sowjetunion in der Nähe der Stadt Prypjat. Bei einem Test des Kühlwassersystems im Block IV des Kernkraftwerks kam es innerhalb kürzester Zeit zu einem ungeplanten Leistungsanstieg im Reaktor, der Reaktor geriet außer Kontrolle und explodierte.

Dadurch wurde radioaktive Strahlung wie bei der Explosion von 100 Hiroshima-Atombomben freigesetzt. Ein riesiges Gebiet von 162.000 Quadratkilometern Weißrusslands, der Ukraine und des europäischen Teiles Russlands wurden radioaktiv verseucht. Die radioaktive Wolke verbreitete sich über weite Teile Europas, von der Türkei über Skandinavien bis nach Deutschland. Radioaktiver Niederschlag ging ebenso in Asien, Afrika und Teilen der USA nieder.

Millionen Menschen wurden der radioaktiven Strahlung schutzlos ausgesetzt, Pflanzen und Tiere verstrahlt. Insbesondere wurde Jod 131, Plutonium 239, Strontium 90 und Cäsium 137 freigesetzt. Cäsium 137 gilt als Krebsauslöser und wird über die Nahrungskette im Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Es lagert sich vor allem in Muskeln, Hoden, Nieren, Leber, Knochen und Blut an. Das Cäsium bleibt über Jahrzehnte hinweg in den oberen Schichten des Erdreiches gespeichert, wo die Pflanzen wurzeln.

Besonders belastet sind Waldböden, weil Nadeln, Laub und Wurzeln die radioaktiven Teilchen besonders gut festhalten. Bis heute wird gewarnt, Wild, Beeren oder Pilze aus den baltischen Ländern, Polen oder betroffenen Regionen Bayerns zu essen. Das ebenfalls freigesetze Plutonium 239 ist der giftigste, heute bekannte Stoff und wird erst nach 24.000 Jahren abgebaut.

Hunderttausende erkranken in den Folgejahren bis heute an Krebs und anderen Folgeschäden. Von den an der Unglücksstelle eingesetzten 600 Feuerwehrleuten und 860.000 zwangsverpflichteten jungen Menschen – sogenannten "Liquidatoren" -, sind nach russischen Angaben ca. 90 Prozent an verschiedenen Krebserkrankungen und Leukämie erkrankt. Professor Edmund Lengfelder (Otto Hug Strahleninstitut der Uni München) schätzt, dass bis zum Jahr 2006 bereits bis zu 100.000 Menschen der eingesetzten Katastrophenkräfte gestorben sind. Einer WHO-Prognose zufolge ist allein im belorussischen Gebiet Gomel mit etwa 100.000 Schilddrüsenkrebsfällen durch Aufnahme von Jod 131 in den Körper zu rechnen.

Dagegen nimmt die Internationale Atomenergieagerntur (IAEA) in ihrem mit sechs UN-Behörden und der Weltbank erstellten 600-seitigen "Untersuchungsbericht" eine nahezu verbrecherische Bagatellisierung vor. Dort wird von "55 Toten als Folge unmittelbarer Strahleneinwirkung" gesprochen und dass künftig höchstens 4.000 zusätzliche Krebs- und Leukämietote unter den am meisten belasteten Menschengruppen zu befürchten wären. Untersuchungen über die konkrete Ursache der Katastrophe werden auf Betreiben der Atomkonzerne und Regierungen der imperialistischen Länder ebenso unter Verschluss gehalten wie Studien über die Folgen der Katastrophe. 

Die Organisation IPPNW (Internationale Ärzte für Verhütung eines Atomkrieges) kommt aufgrund vorliegenden Materials zu drastischen Erkenntnissen: Circa 53 Prozent des radioaktiven Niederschlags erfolgte außerhalb der damaligen Sowjetunion mit unabsehbaren Folgen für Millionen Menschen. Über Generationen hinweg werden genetische Schäden auftreten und Krebserkrankungen zunehmen. Allein in Bayern kam es nach Tschernobyl zu 1.000 bis 3.000 zusätzlichen Fehlbildungen bei Neugeborenen. In höher belasteten Gebieten Süddeutschlands gab es eine deutliche Häufung eines sehr seltenen Tumors bei Kindern, des so genannten Neuroblastoms. Zu signifikanten Anstiegen von Leukämieerkrankungen kam es in Deutschland, in Griechenland, in Schottland und in Rumänien.

Dennoch propagiert die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) eine Wiederbelebung der Atomkraft. Sie wird als klimafreundliche Zukunftsenergie gepriesen, obwohl bei der Gewinnung von Uran ebenso schädliches CO2 frei wird. Alleine 100 Millionen Euro wurden ins vorübergehend stillgesetzte AKW Krümmel für die Modernisierung investiert. Dort gab es seit Inbetriebnahme 313 meldepflichtige Störfälle.

Die Stromerzeugung aus Kernenergie ist für die beteiligten Monopole nicht nur ein profitables Geschäft. Es wird auch atomwaffenfähiges Plutonium erzeugt, welches die Imperialisten für ihre neu entwickelten Atomwaffen benötigen. Die sofortige Stillegung aller Atomanlagen, die Durchsetzung eines wirksamen Klimaschutzes und das Verbot und die Vernichtung aller Atomwafen kann durch einen international verbundenen, aktiven Volkswiderstand erreicht werden.