Wirtschaft
Wirtschaftskrise verschärft chronische Krise der Staatsfinanzen
03.05.09 - Vor ziemlich genau zwei Jahren, am 11. Mai 2007, hatte der "Arbeitskreis Steuerschätzung" seine damalige halbjährliche Prognose der Steuereinnahmen für die Jahre 2007 bis 2010 vorgelegt. Er schätzte für diesen Zeitraum Mehreinnahmen von 179,2 Milliarden Euro gegenüber der im November 2006 gemachten Vorhersage. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück brach in Jubelschreie aus: "Das ist eine historische Trendwende!" Nicht weniger als einen "schuldenfreien Bundeshaushalt bis zum Jahr 2011" und eine "Generalsanierung der Bundesfinanzen" lauteten seine Versprechungen.
Mit der Wirklichkeit der chronischen Krise der Staatsfinanzen im staatsmonopolistischen Kapitalismus hatten diese großsprecherischen Ankündigungen schon damals wenig zu tun. Es ging keineswegs um den Abbau des Schuldenbergs von 1.567 Milliarden Euro, den Bund, Länder und Gemeinden bis Ende 2006 aufgehäuft hatten. Lediglich die Neuverschuldung des Bundes sollte bis zum Jahr 2011 reduziert werden. Und von vornherein war klar, dass ein großer Teil der Mehreinnahmen direkt über die Unternehmenssteuerreform 2008 den internationalen Monopolen zugute kommen würde.
Inzwischen jedoch sind alle diese Versprechungen Makulatur und es bewahrheitete sich einmal mehr, dass eine längerfristige Vorausplanung der Staatsfinanzen im Kapitalismus überhaupt nicht möglich ist. Am gestrigen Samstag berichtete der "Spiegel" vorab über die Steuerschätzung vom Mai 2009. Demnach sei bis zum Jahr 2013 mit Steuerausfällen für den Bund von 300 Milliarden Euro zu rechnen.
Der Nachtragshaushalt, den Steinbrück vorlegen will, enthält nach Angaben aus dem Finanzministerium 15 Milliarden zusätzliche Neuverschuldung, wobei ein Teil der Banken-Rettungsschirme und das Konjunkturpaket II in der Haushaltsrechnung noch gar nicht inbegriffen sei. Im kommenden Jahr werde die Neuverschuldung sogar auf 80 Milliarden Euro anwachsen. Die Expertenrechnung, dass im Jahr 2013 der staatliche Schuldenberg 80% des Bruttoinlandprodukts erreiche, ist wahrscheinlich noch eine Verharmlosung. Im Jahr 2008 waren es 66%.
Besonders gebeutelt werden die Kommunen, denen massiv Einnahmen wegbrechen werden. Städtetagspräsident Christian Ude beziffert die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer auf 20 Prozent. Tatsächlich nützen die internationalen Monopole in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise jeden tatsächlichen oder vermeintlichen Gewinnrückgang, um sich der Steuerzahlung an die Kommunen zu entledigen oder sogar Steuerrückzahlungen zu verlangen.
Neue dramatische Haushaltslöcher tun sich auf, Nothaushalte, Streichungs- und Kürzungen bei sozialen Leistungen und der kommunalen Daseinsvorsorge. Es ist noch gar nicht abzusehen, welches Ausmaß Armut, Not und Elend für Teile der Bevölkerung annehmen werden.
An der Staatsverschuldung verdient auch in der Krise das Finanzkapital kräftig. "Die Zinsen, die Bund, Länder und Kommunen zahlen müssen, gehen zu Lasten der Massen und sind Ausdruck der Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums" heißt es in "Götterdämmerung über der 'neuen Weltordnung'" (S. 320). "Für das Finanzkapital dagegen ist die Staatsverschuldung ein höchst profitables Geschäft, denn der Staat nimmt die Kredite bei privaten Banken auf, die dadurch eine staatlich gesicherte Profitquelle bekommen."
Selbst wenn sie durchgesetzt würden: die Kürzung von Managergehältern, höhere "Reichensteuer" und weitere derartige Forderungen schaffen keine "Steuergerechtigkeit", wie Vertreter der Linkspartei und Gewerkschaftsführer glauben machen wollen. Damit der gesellschaftliche Reichtum für die Lösung der brennenden Menschheitsprobleme verwendet werden kann, muss die Herrschaft der Monopole gestürzt und eine sozialistische Gesellschaftsordnung errichtet werden.
Für den gegenwärtigen Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen schlägt die MLPD die Forderung nach einer deutlichen Senkung der Massensteuern, die Abschaffung der indirekten Steuern und die Durchsetzung einer von den Unternehmern zu zahlenden Sozialsteuer in Höhe von 6,2 Prozent ihres Umsatzes vor.