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Bundesweite Streiks in kommunalen Kindertagesstätten
15.05.09 - Am heutigen Freitag haben bundesweit 11.000 Erzieherinnen und Erzieher an kommunalen Kindertagesstätten (Kitas) die Arbeit niedergelegt. Allein in Duisburg bleiben heute 78 Kitas geschlossen. Es geht um die Forderung der Gewerkschaften Verdi und GEW nach einem Gesundheitstarifvertrag. Die Streiks sollen in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hessen, Bayern und dem Saarland durchgeführt werden. Schon in der letzten Woche gab es eine hohe Beteiligung an den Warnstreiks mit 19.000 Beschäftigten aus Kindertagesstätten und Jugendämtern.
Ein wachsender Unmut macht sich unter den Erzieherinnen und Erziehern über die Zustände und Arbeitsbedingungen in ihren Einrichtungen breit. Eine Erzieherin aus Nordrhein-Westfalen berichtet: "Die Forderung nach Gesundheitstarifvertrag wurde von Ver.di initiiert, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Über 89,9 Prozent haben bei der Urabstimmung für Streik gestimmt. Das drückt aus, was die Kollegen wollen. Der Streik ist ein Politikum. Es gibt bisher keinen Gesundheitsvertrag. Es geht gegen Unterbezahlung und um bessere Arbeitsbedingungen, unter anderem wird Lärmschutz gefordert und dass einmal im Jahr der Arbeitsplatz auf Gesundheitssituation überprüft wird.
Die Kolleginnen und Kollegen beim
Streik haben gesagt: Es wird Zeit für diesen Streik, wir können
nicht mehr. Es muss mal gemerkt werden, was bei uns abgeht. Wir
wollen nicht mehr leise sein. Sie wollen auch weg von dem Image, als
sei der Erzieher-Beruf Kaffeetrinken und Rumsitzen. Es ist eine
verschärfte Situation, auch bei den Sozialarbeitern, weil sich in
den Familien die Probleme vervielfacht haben."
Laut einer Befragung rechnen nur 26 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher damit, dass sie ihren Beruf bis zur Erreichung des Rentenalters ausüben können. Vor diesem Hintergrund fordert die Gewerkschaft in dem Tarifvertrag, dass in jährlichen Untersuchungen alle krankmachenden Arbeitsbedingungen festgestellt und dann abgeschafft werden.
So richtig es ist, gegen die schlechter werdenden Arbeitsbedingungen vorzugehen, ist es vor allem auch notwendig, einen entschiedenen Kampf gegen den jahrelangen Abbau von Personal und sozialen Leistungen im Kinderbetreuungsbereich zu entwickeln. "In den Kitas gibt es zu wenig Personal, um die in den Bildungsplänen formulierten Ziele umzusetzen", sagt Norbert Hocke von der GEW. Hier zeigt sich das wahre Gesicht der angeblich tollen Familien- und Frauenpolitik der Berliner Regierung. Die Lasten der Kinderbetreuung und Hausarbeit werden immer mehr auf die Familien und Frauen abgewälzt.
Die Größe der Kindergruppen nimmt zu, um so die Finanzierbarkeit der Einrichtungen zu erreichen. Viele Kindertagesstätten in kleineren Städten sind wegen Finanzierungskrisen von der Schließung bedroht. Durch großen individuellen Einsatz und ehrenamtliches Engagement stemmen sich viele Erzieherinnen und Erzieher und Eltern dagegen, dass die Kindertagesstätten zu "Verwahranstalten" verkommen.
Die Streiks der Erzieherinnen und Erzieher verdienen die volle Unterstützung insbesondere auch von der kämpferischen Frauenbewegung. Die Forderung nach einem Gesundheitstarifvertrag müssen verbunden werden mit Forderungen nach Entlastung der Masse der Familien und Frauen in der Kinderbetreuung, Rücknahme des Kinderbildungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen und offensiven Forderungen für ausreichende, kostenlose qualifizierte Ganztagsbetreuung in Krippen, Kindergärten, Horten und Ganztagsschulen.