Politik

Städtetag-Versammlung: Weitreichende Folgen der Weltwirtschaftskrise für Städte und Gemeinden

14.05.09 - Die in Bochum tagende Hauptversammlung des Deutschen Städtetags mit über 900 Kommunalpolitikern aus dem gesamten Bundesgebiet musste sich in diesem Jahr vor allem mit den Folgen der in der Geschichte des Kapitalismus bisher einmaligen Weltwirtschafts- und Finanzkrise für die Städte und Gemeinden beschäftigen. So gibt es schon jetzt einen dramatischen Einbruch von mehr als zehn Prozent bei den Gewerbesteuern in den Kommunen aufgrund des Umsatzrückgangs der Betriebe.

Viele Kommunalpolitiker befürchten, dass die Rückgänge bald 20 Prozent und mehr betragen könnten. Bundeskanzlerin Merkel musste deshalb, nachdem die Regierung noch bis vor kurzem die Abschaffung der Gewerbesteuer geplant hat, nun zusichern, dass sie zumindest vorläufig nicht angetastet wird, obwohl viele Konzerne darauf drängen. Außerdem sind die Städte und Gemeinden auch von den zu erwartenden Einbrüchen bei der Einkommens-, Mehrwert- und Körperschaftsteuer betroffen.

Darüber hinaus rechnen die Kommunalpolitiker jetzt mit einem drastischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Oberbürgermeister Christian Ude aus München musste registrieren, dass die Kurzarbeit immer öfter in Arbeitslosigkeit umschlägt. Entsprechend wird ein Ansteigen der so genannten Sozialausgaben in 2009 um 2 Milliarden auf 40,7 Milliarden Euro erwartet.

Weiterhin werden die Kommunen erhebliche Lasten der absehbaren Explosion der Staatsverschuldung tragen müssen. Nach Berechnungen des "Arbeitskreises Steuerschätzung", die ebenfalls heute veröffentlicht wurden, beträgt bis 2013 die Neuverschuldung des Staates fast 500 Milliarden Euro. Das ist weit mehr als das Zehnfache der vor noch ein paar Monaten vom Finanzministerium erwarteten Summe. Das wird zu einer dramatische Zunahme der Schuldentilgungs- und Zinslast der Kommunen führen.

Auch unter bürgerlichen Kommunalpolitikern entwickelt sich ein Unmut über die Perspektiven für die Kommunen und wird von einigen die Politik, immer mehr kommunale Aufgaben zu privatisieren, jetzt als "Irrweg" bezeichnet. Nichtsdestotrotz weigern sich die verantwortlichen Politiker, die z.B. für die "Cross Border Leasing"-Verträge zuständig waren, die den Kommunen noch jahrzehntelang finanziell verheerende und versorgungsmäßig katastrophale Folgen bescheren, die Konsequenzen zu ziehen. So ist sich unter anderem der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, der durch solch ein Geschäft dafür sorgte, dass die Bodenseewasserversorgung ein Fass ohne Boden geworden ist, keiner Schuld bewusst. 

Auch wenn sie unzufrieden sind, bleiben diese bürgerlichen Kommunalpolitiker doch fest eingebunden in das System, die Krisenlasten auf die Massen abzuwälzen. Absehbar ist, dass die Steuer- und Beitragszahler massiv zur Kasse gebeten werden. Außerdem sind erhebliche Einschnitte bei den Sozialleistungen und ein drastisches Zurückfahren kommunaler Leistungen bei Bildung und Ausbildung, für Jugend und Sport, im Verkehrswesen und bei Freizeit- und Kulturangeboten zu erwarten. 

Diese Politik trifft auf zunehmenden Widerstand in den Kommunen. So sind in vielen Städten Mieterinitiativen entstanden. Ende letzten Jahres demonstrierten z.B. schon 4.500 Oberhausener gegen die Kürzungspolitik der NRW-Landesregierung, am 19. Januar forderten 500 Jugendliche in Frankfurt den Erhalt eines Jugendheimes und am 4. März gingen 700 Leute gegen die Schließung des Grillo-Theaters in Essen auf die Straße.

Bei den Demonstrationen am 28. März in Berlin und Frankfurt protestierten die 55.000 unter anderem auch für Umweltschutzmaßnahmen statt Milliarden für die Banken. Vielfältige Proteste gibt es auch von den Beschäftigten in den Krankenhäusern, die die Kürzungen im Gesundheitsbereich durch extreme Arbeitsbelastung ausbaden sollen. Vor allem überparteiliche kommunale Wahlbündnisse erweisen sich hier als Sprachrohr all dieser Massenproteste, die sich mit Sicherheit verstärken werden. 

Die MLPD fordert deshalb in ihrem 13-Punkte-Programm "Banken und Konzerne sollen die Krisenlasten zahlen": "Senkung der Massensteuern, Abschaffung aller indirekten Steuern und drastische progressive Besteuerung der Großbetriebe und Großverdiener. Umstellung der Sozialversicherungsbeiträge auf eine vollständige Bezahlung durch die Unternehmen durch eine umsatzbezogene Sozialsteuer von 6 Prozent. Damit müssten allein die 37 größten deutschen Monopole 123 Milliarden Euro zahlen. Für die Sanierung der maroden Schulen, Hochschulen, Krankenhäuser, Schwimmbäder, Freizeit- und Kultureinrichtungen sind 200 Milliarden Euro von der Berliner Regierung bereit zu stellen, und zwar ohne Zwang zur finanziellen Eigenbeteiligung der Kommunen!"