Wirtschaft
Wirtschaftskrise: "Licht am Ende des Tunnels"?
11.05.09 - Nachdem die Bundesregierung beim Krisengipfel am 23. April eingestehen musste, dass die Weltwirtschaftskrise viel tiefer wird als sie zu Jahresbeginn noch erhofft hatte, klammern sich die "Wirtschaftsexperten" jetzt an den Strohhalm einer angeblichen "Verlangsamung" des Krisenabschwungs. "Das Schlimmste liegt hinter uns", verkündete der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Groß herausgestellt wird in den bürgerlichen Medien dazu die Meldung des Statistischen Bundesamts, dass der Umsatz des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland im März erstmals seit August 2008 wieder leicht um 1,5 Prozent gestiegen sei.
Dies ist aber nur bei dem wenig aussagekräftigen Vergleich mit dem Vormonat der Fall. Verglichen mit dem März des Vorjahres brach die Industrieproduktion erneut um 22 Prozent ein. Der Rückgang liegt damit in gleicher Höhe wie im Februar, als er 23,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat betrug. Genauso verhält es sich beim Export. Das gemeldete Wachstum von 0,7 Prozent im März entpuppt sich bei näherer Betrachtung als erneuter Rückgang um 15,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Damit setzt sich die Krisentalfahrt unvermindert fort, in manchen Branchen beschleunigt sie sich noch. So hat die deutsche Stahlproduktion im April den stärksten Einbruch seit Bestehen der Bundesrepublik verzeichnet. Im Vergleich zum Vorjahresmonat wurden über 53,1 Prozent weniger Roheisen und Rohstahl hergestellt. Dadurch wurde der Rekord-Rückgang vom März 2009 noch übertroffen.
Außerdem meldet das Statistische Bundesamt, dass das "Plus" der Industrieproduktion im Monatsvergleich in erster Linie auf den Anstieg der Pkw-Produktion zurück geht. Dieser wiederum ist ausschließlich Folge der "Abwrackprämie", mit der die Kleinwagen-Nachfrage der kommenden Jahre faktisch vorgezogen wurde. Die Anträge auf "Abwrackprämie" gingen im April im Durchschnitt bereits um die Hälfte zurück, mit weiter fallender Tendenz. Es ist jetzt schon abzusehen, dass die Automobilproduktion in diesem Bereich - mit einiger Verzögerung - umso drastischer einbrechen wird.
Das Herunterspielen der Dimension der Krise ist eine Methode der bürgerlichen Ökonomen, um die Ursachen der Überproduktionskrise zu verschleiern. Je nachdem wird die Krise gegebenenfalls auch aufgebauscht in der Hoffnung, damit eine lähmende Wirkung zu erzielen. Der Arbeiterbewegung und der kämpferischen Opposition ist weder mit Schwarzmalerei noch mit Verharmlosung gedient. Um richtige Schlüsse zu ziehen, braucht man ein realistisches Bild vom Verlauf und den Ursachen der Krise (weitere Hintergrundinformationen und Literatur zu diesem Thema).
Auch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Belegschaften und breiten Massen fangen jetzt erst langsam an zu greifen. Nach den ersten Massenentlassungen von Leiharbeitern in der Großindustrie rollt schon seit Wochen vor allem in Klein- und Mittelbetrieben unter anderem der Zulieferindustrie eine Welle von Entlassungen und Insolvenzanmeldungen. In der bundesweiten Medienberichterstattung wird das weitgehend unter den Tisch gekehrt. Bekannt werden vor allem solche Fälle, wo sich die Belegschaften zur Wehr setzen wie bei Federal Mogul in Wiesbaden, Conti in Hannover oder Heidelberger Druck.
Auch in der Automobilindustrie werden die Belegschaften bereits auf Massenentlassungen eingestellt. Im Ökonomen-Deutsch von Wirtschaftsminister von und zu Guttenberg hört sich das so an: "Opel wird um einen Kapazitätsabbau ebenso schwer herum kommen wie der Rest der Automobilindustrie." Na wunderbar, wenn es auch "die anderen" trifft, ist ja alles halb so schlimm! Mit solchen Sprüchen macht sich der adlige Minister bei den Automobilarbeitern sicher beliebt.
Tatsächlich bringen sich momentan die internationalen Konzerne aller Branchen in Stellung für eine verschärfte Ausbeutungsoffensive, um als "Gewinner" aus der Krise hervorzugehen. Dafür stehen die Übernahmepläne von Opel genauso wie die Fusion von VW und Porsche und die Kooperationspläne von BMW und Daimler. Das zeigt nur, wie notwendig es ist, dass sich die Konzernbelegschaften auf konzern-, branchen- und länderübergreifende harte Kämpfe einstellen, statt sich in gegenseitige Konkurrenz treiben zu lassen.