Wirtschaft
Es wird Zeit, dass die Opelaner über ihr Schicksal mitreden
26.05.09 - In diesen Tagen geht es in den USA um die Frage, ob für General Motors (GM) bis zum 1. Juni die Insolvenz nach "Chapter 11" beantragt wird. Schon im Vorfeld wurden die Gewerkschaften in bisher ungekanntem Ausmaß von der Obama-Regierung zusammen mit dem US-Management erpresst. Die Führung der kanadischen Automobilarbeitergewerkschaft CAW hat bereits einer Kürzung der Stundenlöhne um 15 bis 16 kanadische Dollar (das entspricht etwa 10 Euro pro Stunde), dem Einfrieren der Rentenzahlungen bis zum Jahr 2015 und einer höheren Beteiligung der Arbeiter an den Gesundheitskosten zugestimmt.
Auch die US-amerikanische Automobilarbeitergewerkschaft UAW hat sich der Erpressung des Konzerns und der Regierung unterworfen. In der Öffentlichkeit sickerten bereits Details eines Deals durch, über den noch eine Urabstimmung durchgeführt werden soll: Geplant sind ebenfalls Lohnkürzungen und die Schließung von über einem Dutzend Fabriken. Aus dem Gesundheitsfonds der Rentner sollen Teile der GM-Schulden bezahlt werden. Dafür erhält die UAW 39 Prozent des GM-Aktienkapitals, wovon die Arbeiter allerdings nicht das Geringste haben.
In Deutschland geht es vor diesem Hintergrund darum, welcher der drei Hauptbieter für die GM-Tochter Opel (Fiat, eine Investorengruppe um den österreichischen Zulieferkonzern Magna sowie US-Finanzinvestor RHJ) den Zuschlag bekommt. Dabei droht auch Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg offen mit einem Insolvenzverfahren. Alle drei Interessenten wollen massenhaft Arbeitsplätze vernichten. Dabei geht es auch um die Schließung ganzer Werke wie in Antwerpen (Belgien) und Luton (Großbritannien).
Während in Berlin um das Schicksal der Belegschaften geschachert wird, wird es Zeit, dass sich diese selbst zu Wort melden und gebührend "mitreden". Die letzte Bochumer Vertrauensleute-Vollkonferenz war von einem Kampfgeist wie schon lange nicht mehr bestimmt. Abgerechnet wurde mit der geplanten Verschiebung der bereits vereinbarten 2,1-prozentigen Tariflohnerhöhung.
Zahlreiche Redebeiträge brachten zum Ausdruck, dass die Belegschaft das nicht hinnehmen wird. Redner meinten: "Wir können der Funke sein, der die sogenannten 'sozialen Unruhen' auslöst!" oder "Wenn 150 Tamilen den Bahnhof besetzen oder die Autobahn blockieren können, dann können wir das schon lange." Ein weiterer Redner erklärte: "Jeder soll auf Lohn verzichten und dann soll noch jeder zweite ohne Abfindung gehen? Das werden wir nicht zu lassen."
Ein gutes Beispiel für die Entscheidung, vor der jetzt auch die Opel-Belegschaften stehen, geben derzeit die Fiat-Arbeiter in Termini Imerese auf Sizilien (siehe "rf-news"-Bericht). Sie haben gar nicht erst abgewartet, bis offizielle Schließungspläne verkündet werden, sondern gingen von sich aus mit kämpferischen Aktionen und Streiks in die Offensive.