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Opel - das "große Aufatmen"?
01.06.09 - In der Nacht auf den 30. Mai haben sich General Motors (GM), die Bundesregierung und die Bundesländer sowie der Investor Magna und die US-Regierung auf ein "Rettungskonzept" für Opel verständigt. Heute meldete General Motors in den USA Insolvenz an. In den USA übernimmt der Staat zunächst 72 Prozent der GM-Anteile, der Konzern wird in einen "guten", d.h. Maximalprofit bringenden und einen "schlechten" Teil aufgespalten. 35.000 Stellen sollen weltweit vernichtet werden, davon 21.000 in den USA, wo 14 Werke geschlossen werden.
GM-Arbeiter bekommen keine Krankenversicherung für Behandlungen beim Zahn- und Augenarzt mehr (das ist in den USA mit der verheerend schlechten Krankenversicherung für die Massen eine sehr wichtige soziale Leistung). GM muss außerdem Schulden in Höhe von 20 Milliarden Dollar an den Gewerkschaftsfonds für die Gesundheitskosten der Pensionäre nicht bezahlen. Und: Es gibt die Einigung auf ein Streikverbot bis 2015!
Der Vorsitzende der US-Automobilarbeitergewerkschaft UAW, Ron Gettelfinger, sprach von "notwendigen Opfern", die GM eine "Chance zu überleben" geben würden. "Überleben" kann heute ein Automonopol aber nur, wenn es seine Konkurrenten aus dem Feld schlägt. Das setzt eine enorme Steigerung der Ausbeutung der Belegschaften bis hin zu den Zulieferern voraus und den Zugriff auf riesige staatliche Gelder, um ständig neues Kapital zu akkumulieren, andere Werke zu übernehmen usw.
Das staatliche Krisenmanagement zugunsten der Konzerne wird gnadenlos auf dem Rücken der Belegschaften und auf Kosten der breiten Massen ausgetragen. Mit diesem Krisen-Kurs fertig zu werden und auszugehen von ihren Arbeiterinteressen, ist eine hohe Anforderung an die Belegschaften, zumal seit Wochen von Monopolen und Regierung ein tägliches Propaganda-Gewitter auf die Kollegen einprasselt. Tatsächlich haben angeblich 74 Prozent der UAW-Mitglieder in den USA für das GM-Horrorprogramm gestimmt, wobei nicht klar ist, wie diese Abstimmung lief.
Von "Hoffnung" und "Aufatmen" ist viel die Rede in den bürgerlichen Kommentaren sowohl in den USA wie in Deutschland. Das so genannte "Rettungskonzept" für Opel sieht vor, dass der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna zusammen mit russischen Partnern bei Opel einsteigt - mit einem staatlichen Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro, bei dem selbst Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) von hohem Risiko ausgeht. Noch offen ist, wie viel da insgesamt noch an Zuschüssen fließen wird.
Diese "Rettung" soll nach Informationen aus der Regierung wohl 2.600 Stellen kosten. Dies sei eine "tragfähige Lösung" meinte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), da der Stellenabbau in Bochum deutlich unter den bisher geplanten 2.200 Stellen bleiben würde. Es komme jetzt darauf an, den Stellenabbau "ohne Härten" und "sozialverträglich" zu gestalten - darin sind sich Rüttgers und der IGM-Bezirksleiter von Nordrhein-Westfalen, Oliver Burkhard, einig. Doch wenn die Arbeitslosigkeit immer mehr steigt, wenn die Jugend keine Arbeitsplätze findet, dann ist daran gar nichts "sozial"!
Von Opel-Kollegen wurde bei einer Veranstaltung auf dem Pfingstjugendtreffen berichtet, dass viele Kollegen "die Faust in der Tasche" haben vor lauter Wut und auch, dass viele Fragen noch geklärt werden müssen. In Bochum z.B. gibt es eine extreme Arbeitshetze - die Kurzarbeit an drei Tagen sei derzeit so anstrengend wie sonst eine Fünf-Tage-Woche. Die Kollegen wollen sich das Fell nicht über die Ohren ziehen lassen.
Es wirkt aber auch noch eine Spaltung, zu hoffen, dass es eher andere Werke trifft als "das eigene". Verschiedene rechte Betriebsräte betreiben dabei das Geschäft des Vorstands, wenn sie auf haltlose Versprechungen orientieren oder darauf, dass in jedem Werk "gespart", sprich: die Ausbeutung gesteigert werden müsse. Die Hauptkritik in den Belegschaften richtet sich völlig zurecht dagegen, dass solche Betriebsräte sich anmaßen, im Namen der Belegschaft zu sprechen, ohne dass die Kollegen überhaupt gefragt werden.
Konkrete Aussagen zu den Plänen von Magna gibt es noch nicht. Bekannt ist aber, dass der Konzern in Österreich nach der Einführung von Kurzarbeit für ein Drittel der Belegschaft eine bis zu 20-prozentige Lohnkürzung durchgesetzt hat. Es ist wichtig, dass die Opelaner jetzt auch mit anderen Belegschaften in Österreich, Russland usw. zusammenkommen, neue Kontakte und Verbindungen herstellen. Mit einem Zusammenschluss über Werks- und Ländergrenzen hinweg können sie eine große Kraft entwickeln. "Magna wird uns noch kennenlernen" - diese selbstbewusste Ansage von Opelanern war in den letzten Tagen mehrfach zu hören. Mehr dazu in der "Roten Fahne" Nr. 23/09, die am 5. Mai erscheint (sie kann hier bestellt werden).