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Arcandor: Insolvenz soll Weg für neuen Kaufhausgiganten öffnen - auf Kosten der Beschäftigten

10.06.09 - Gestern Nachmittag stellte der Arcandor-Konzern einen Insolvenz-Antrag, nachdem bereits renommierte Kaufhäuser wie Hertie und zuletzt Woolworth von der Bildfläche verschwanden.  Allein bei der Tochter Karstadt stehen jetzt 43.000 Arbeitsplätze auf der Kippe und weitere 8.000 bei Quelle. In den Belegschaften der Warenhäuser, die in vielen Städten den Kampf um ihre Arbeitsplätze mit Mahnwachen und Unterschriftenaktionen unter den Kunden begonnen haben, herrscht Entsetzen wie große Wut. Teils jahrzehntelang schufen sie die Grundlage dafür, dass die Hauptaktionärin Madeleine Schickedanz 2007 zur Supermilliardärin aufstieg, mit einem Vermögen von 5,5 Milliarden Dollar. Mit der fehlenden Bereitschaft der Vermieter, der Hausbank SAL Oppenheim und der Hauptaktionäre wurde nun die Verweigerung eines staatlichen Kredits nach außen hin begründet.

Tatsächlich ist die gezielte Insolvenz nun die von Regierung und Besitzern gemeinsam gewählte Methode – mit der „sich das Unternehmen sanieren will“- wie Arcandor-Sprecher Koslowski verkündete. Die Arbeiter und Angestellten hatten schon immer die Hauptfolgen von Firmeninsolvenzen zu tragen. Mit dem neuen Insolvenzrecht der SPD/Grünen-Regierung wurde bereits 1999 ein Instrument für die Monopole geschaffen, das festlegt, dass die Arbeiter weitgehend ihre tariflichen und betrieblichen Rechte mit einem Schlag verlieren. Vor allem wurde damit ermöglicht, dass die Löhne und Gehälter der Beschäftigten Bestandteil der Insolvenzmasse werden. Das ist Lohnraub im Interesse der Sanierung der Unternehmen, um sie wieder maximalprofitbringend wirtschaften zu lassen. Diese Form von Insolvenzen erfolgen nicht, weil ein Unternehmen wirtschaftlich am Ende ist, sondern das sind Steuerungsmittel, um einen Betrieb im Sinn des Finanzkapitals umzustrukturieren. Deshalb sind sie auch Kampfmittel der Konzernleitungen, um die Arbeitereinheit zu untergraben und erkämpfte Rechte außer Kraft zu setzen. Auch bei Arcandor geht es darum, dass sich die neuen Investoren die Filetstücke unter den Nagel reißen und die für ihren Maximalprofit uninteressanten Unternehmensbereiche in Konkurs gehen lassen. Wenn Bundeskanzlerin Merkel einen solchen  Insolvenzantrag als „Chance für die Mitarbeiter" sieht, ist das ein Hohn.

Für wen das eine Chance ist, zeigen die inzwischen offen verkündeten Pläne des ehemaligen Daimler-Managers und jetzigen Metro-Chefs Cordes. Er plant bereits die Fusion des sich in Metro-Besitz befinden Kaufhofkonzerns mit den eventuell nach den Plänen verbleibenden 60 Karstadt-Filialen. Damit soll ein neuer deutscher Kaufhauskonzern geschaffen werden, dem dann 200 Warenhäuser gehören. Von diesen soll jedes fünfte geschlossen werden und damit rund 10.000 Arbeitsplätze vernichtet werden. Auf diese Weise saniert, soll der neue Superkaufhauskonzern schließlich an die Börse gebracht werden.

Günter Slave, MLPD-Landesvorsitzender von Elbe-Saale, äußerte sich heute Morgen telefonisch gegenüber rf-news:

„Auch hier in der Region Leipzig sind rund 2.000 Arbeitsplätze, v.a. beim Quelle-Warenlager und beim Karstadt-Warenhaus bedroht. Die MLPD hat heute am Tor von Quelle-Primondo ihre Solidarität mit den zu Recht empörten Kolleginnen und Kollegen bekundet. Wir haben eine große Aufgeschlossenheit erlebt. Unsere Analyse zur Wirtschaftskrise und die Rote Fahne wurden restlos ausverkauft. Das Lehrbeispiel Qimonda aus Dresden machte viele nachdenklich. Dort wurden die Beschäftigten auch über Wochen hingehalten. Heute sind 3.000 Arbeitsplätze weg. Wir haben den Kolleginnen und Kollegen deutlich gemacht, dass sie jetzt noch alle Trümpfe in der Hand haben für einen gemeinsamen Kampf um jeden Arbeitsplatz. Sie werden von der MLPD alle Unterstützung bekommen. Die große Solidarität aus der Bevölkerung wird ihnen sicher sein.“