International

Schwere Unruhen im Iran

14.06.09 - In der iranischen Hauptstadt Teheran ist es nach den Präsidentschaftswahlen zu den schwersten Unruhen seit 10 Jahren gekommen. Nach Angaben des iranischen Innenministeriums erhielt der amtierende Präsident Mahmud Ahmadinedschad 62,63 %, sein wichtigster Gegenkandidat Hossein Mussawi 33,75 % der Stimmen. Aufgebracht gingen massenhaft Menschen, vor allem Jugendliche, auf die Straßen. Polizei und die Regierungsmilizen ("Revolutionsgarden") gingen brutal gegen die Demonstranten vor, viele wurden verhaftet. Vermutet wird ein massiver Wahlbetrug der Regierung, die Empörung richtet sich aber viel weitgehender gegen das ganze System: "Tod dem Diktator" war eine der Losungen bei den Straßenschlachten.

Ob die Unruhen das ganze Land erfassten, ist nicht bekannt. Telefonverbindungen und Handy-Netze sind weitgehend unterbrochen.

Die Wahlen waren von vorneherein eine Farce: Die Regierung hatte nur bestimmte Kandidaten überhaupt zugelassen. Mussawi, der von der westlichen Berichterstattung favorisierte Gegenkandidat Ahmadinedschads, gilt als einer, der das Land dem Westen - sprich: dem Finanzkapital der westlichen Imperialisten - eher öffnen würde. Er versprach auch einige soziale und demokratische Reformen, lehnt aber den Verzicht auf eine eigenständige Atomindustrie des Landes ab.

Viele Arbeiterorganisationen und Gewerkschaften hatten dazu aufgerufen, keinen der angebotenen Kandidaten zu wählen. "Wir müssen selbst die Initiative ergreifen", heißt es z.B. in einer Erklärung der Gewerkschaft der Busfahrer in Teheran und Umgebung zu den Wahlen. Die Organisierung der Arbeiter in Gewerkschaften wird massiv unterdrückt, deshalb gibt es im Iran v.a. Zusammenschlüsse und Organisationen auf betrieblicher Ebene. Die Arbeitslosigkeit im Iran ist sehr hoch, die Lebenslage der Arbeiter und ihrer Familien dramatisch schlecht. So gelten im Land 874 Dollar als Armutsgrenze, der festgelegte Lohn liegt aber bei 270 Dollar (oft auch darunter oder wird monatelang nicht ausbezahlt). Die Gewerkschaften fordern deshalb 1021 Dollar Mindestlohn. Es wird immer wieder von Streiks z.B. in den Textilfabriken berichtet, die oft blutig niedergeschlagen werden. Am 1. Mai 2009 kam es schon zu großen Demos - auch damals wurden in Teheran über 150 Arbeiter verhaftet. In einer Erklärung verschiedener Gewerkschaften und Arbeiterorganisationen zu diesem 1. Mai (veröffentlicht vom britischen Gewerkschaftsdachverband TUC - www.tuc.orc.uk/international/tuc-16372-f0.cfm) wird ein "minimales Sofortprogramm" aufgestellt. Gefordert werden u.a. die Aufhebung von Zeit- und Blankoverträgen; das Recht, unabhängige Gewerkschaften zu bilden, Streikrecht, Versammlungs- und freies Rederecht; die Bezahlung ausstehender Löhne; gleiche Rechte für Männer und Frauen im gesamten wirtschaftlichen und sozialen Leben; Freilassung aller verhafteten Arbeiter usw. Und die Kollegen erklären: "Wir sind dankbar für die Unterstützung unseres Kampfes im Iran durch die internationale Arbeiterbewegung und gleichzeitig sind wir ihre Verbündeten in Solidarität mit ihren Kämpfen gegen die Lasten, die ihnen das kapitalistische System auferlegt."

Der Kampf der demokratischen und Arbeiterbewegung im Iran gegen das faschistoide Regmine verdient unsere volle Solidarität. Zugleich muss die Wachsamkeit dagegen gerichtet werden, wenn die US-Regierung das zum Anlass nimmt für Drohgebärden gegen das Land. Es kann nicht hingenommen werden, wenn das weltgrößte Ausbeutungs- und Unterdrückungssystem US-Imperialismus die Beherrschung des Nahen und Mittleren Ostens jetzt auch durch einen Unterwerfungsversuch des Iran ausdehnen will. Die Befreiung des Landes von Ausbeutung und Unterdrückung kann alleine durch das iranische Volk geleistet werden - und wird mit Sicherheit die Unterstützung durch die internationale revolutionäre und Arbeiterbewegung haben.