Politik

15.06.09: Montagsdemonstrationen

Bochum: Breiter Protest gegen Studiengebühren und Turboabitur   
Am Montag war der Auftakt zu einem einwöchigen bundesweiten Bildungsstreik, zu dem mehrere Organisationen wie z.B. der ASTA, die Freie Unviversität Bochum, aber auch Gewerkschaften aufriefen. Auch die Bochumer Montagsdemo solidarisierte sich mit den SchülerInnen und StudentInnen.
Viele Redner und Rednerinnen äußerten sich am offenem Mikrofon zu den Themen Bachelor, Verkürzung der Studienzeiten, große Klassen, Überlastung der Dozenten und dem Einfluss der Wirtschaft auf die Studieninhalte. "Wenn ein Dozent mit seinen Mitarbeitern über 700 Klausurarbeiten nachsehen muss, kann von einer Bildungsqualität nicht mehr die Rede sein", lautete eine Wortmeldung. "Zu einer Vorlesung kommen z.B. oft 500 Hörer, obwohl dieses Seminar nur für max. 200 Personen bestimmt ist", meldete sich ein Student.
Zu dem Einfluss der Wirtschaft auf die Lerninhalte berichtete ein Moderator: "Schon zu meiner Schulzeit wurden verschiedene Schulbücher zensiert. Es ging um die Frage, warum Bananen so billig in Deutschland angeboten werden konnten, obwohl diese Früchte hier nicht heimisch sind. In dem Lehrbuch wurde der Zusammenhang zwischen Billigpreisen und Dumpinglöhnen ausführlich dargestellt. Die Warenhandelsketten diktierten die Vertragsbedingungen für ihre Lieferanten und zwangen sie dadurch, zu Niedrigstlöhnen zu produzieren. Kleinere Bauern wurden ruiniert. Dieser Lehrstoff wurde jedoch vom Kultusministerium verboten, weil er politisch zu radikal war (die Wahrheit nannte)".
Am kommenden Mittwoch gehen die SchülerInnen und StudentInnen in Bochum auf die Straße, die Montagsdemo mobilisierte alle, an dieser Demo teilzunehmen.
In diesem Zusammenhang gab es Kommentare, dass selbst Examierte kaum noch Jobs finden und wenn, dann nur zum Niedriglohn von 1500,00 Euro brutto (Architekturbüro)! Eine Rednerin sagte dazu: "Auszubildende werden oft unter Tarif bezahlt. Früher hatte der Arbeitgeber die Pflicht, die Tarife einzuhalten". Unter Applaus bekräftigten die MontagsdemonstrantInnen ihre Forderung nach einem Mindestlohn für alle Branchen, wie er im Baugewerbe schon vorgeschrieben ist.
Ebenfalls gab es Berichte von dem Protest der ErzieherInnen und Sozialarbeiter in Köln gegen die Arbeitsbedingungen in Kitas  Die öffentlichen Arbeitgeber (Kommunen) und die Gewerkschaft verhandeln zwar zur Zeit, ein Tarifvertragsabschluss ist jedoch nicht in Sicht. Der Streik in den Kitas geht also weiter.
Auf der Abschlusskundgebung wurde beschlossen, dass der Streik an den Kitas das Schwerpunktthema für die nächste Montagsdemo ist. Ebenfalls steht auch das Thema für die übernächste Montagsdemo fest: "soziale" Steuerpolitik".
Aktionskreis Bochumer Montagsdemo
http://montagsdemo.bochum.myblog.de

Esslingen: Die 221. Montagsdemo am 8. Juni 2009 versammelte etwa 30 aufmerksame Teilnehmer, von denen etwa zehn an der Diskussion teilnahmen.
Die Diskussion wurde von der bevorstehenden Demonstration und Kundgebung der IG Metall „Aufstand der Anständigen“ am Mittwoch in Esslingen bestimmt. Bei der Auftaktkundgebung wurde über die Kurzarbeit gesprochen, die Abschlusskundgebung vor dem Karstadt-Kaufhaus thematisierte das Thema Insolvenz stärker.
Empörung lösten sowohl die Repressalien gegen die Stuttgarter Montagsdemo als auch der erneute Versuch der Halleschen Verkehrs-AG, ihren Fahrer Frank Oettler hinauszukündigen, aus.

Görlitz: Heute, am Mo, den 15.6.2009 fand die 234. Görlitzer Montagsdemo "Die Originale!", mit 22 Demonstranten statt.
Das Motto lautete: „Es werden täglich mehr!“.
Ja täglich wachsen die Staatsschulden, das Heer der Kurzarbeiter, Arbeitslosen und Armen.Deshalb ertönt unser Ruf:
"Wo bleibt der Rettungsschirm für Bürger?", so lautet unser Motto,
am Montag, den 22.6.20009!
Denn nur der Bürger, das Volk gibt das Geld wieder in den irtschaftskreislauf zurück!Gebt das Geld zurück in die Hand der Bürger, welche auch gerne dafür arbeiten gehen wollen!
Arbeit gibt es genug,
sie liegt auf der Straße (Müll, Sicherheit und öffentliche Ordnung),
aber sie wartet auch einsam und krank zu Hause
(Arbeit mit und am Menschen, den Wertvollsten eines Staates),
aber da wird nichts investiert,nein hier gibt es nur schlecht bezahlte Jobs, oder gar 1€-Jobs, wo selbst da die Stoppuhr tickt,
anstatt der Mensch im Zentrum ist!
Nur gemeinsam können wir etwas ändern!
Dies haben wir und unsere Familien und Kinder verdient! Bei Dir gibt es bestimmt eine Montagsdemo! Schau doch mal nach!

Köln: Nachruf auf Werner zur Montagsdemo am 25.05.09
- weil wir leider Spätschicht haben und nicht dabei sein können


Als wir vorgestern von Werners Tod erfahren haben, waren wir schockiert. Wir haben den Express-Artikel gelesen und kaum glauben können, dass es dabei um „unseren“ Werner von der Montagsdemo geht. Wir sind sehr traurig über diesen völlig sinnlosen Tod und verspüren – wie wahrscheinlich viele hier – eine Wut über diesen heimtückischen Mord. Werner hatte selbst nicht viel und war bereit, das zu teilen. „Zu gutgläubig“, heißt es in der Express. Ich finde, Werner hatte vor allem viel Vertrauen zu seinesgleichen und verspürte eine große Solidarität mit allen, denen Ungerechtigkeit widerfährt. Und das hat er in seinem leben sehr oft erlebt. Einmal erzählte er mir bei einer langen Bahnfahrt zum Pfingstjugendtreffen von seiner Lebensgeschichte. Dass er als Kind von seinen Eltern nicht gewollt wurde und bei den Festen wie Weihnachten und Ostern nie mit einer Familie gefeiert hat. Aber er hat sich durchgebissen und immer darum gekämpft, sich möglichst selbständig zu orientieren, trotz der Schwäche des Analphabetismus. Wenn er zu einer Demo nach Berlin mitwollte, mussten wir nur ganz genau den Treffpunkt durchsprechen – dann war Verlass drauf, dass er mit seiner Che-Guevara-Fahne dabei ist, die nie fehlen durfte.
Und wie oft er sich hier auf der Montagsdemo in Rage geredet hat und schimpfte: „Ne, ich glaub das nicht! Wird alles immer schlimmer, immer schlimmer!“ Sicher fehlte ihm dabei manchmal der optimistische Blick, dass wir gemeinsam auch eine andere Welt erkämpfen können. Aber mich hat vor allem begeistert, wie Werner immer mittendrin war, bereit zu zig Demos, Veranstaltungen und Festen mitzukommen. Und er ist von Beginn der Montagsdemo an immer auf uns  Jugendliche zu gekommen. Klar, unsere Namen konnte er sich nicht merken. Wie oft Werner mich gefragt hat „Wo ist denn der eine da, der… äh… muss der arbeiten?“ Das war irgendwie sein Markenzeichen. Wir haben das nie persönlich genommen, mussten aber oft darüber schmunzeln. Mit Can, einem 18-Jährigen, der Anfangs auf der Montagsdemo war, hatte sich Werner besonders angefreundet. Auf dem 1. Mai dieses Jahr hat sich Werner so gefreut ihn wieder zu sehen, dass er ihn mehrmals fest in die Arme schloss. Diese Herzlichkeit wird uns sehr fehlen. Ein treuer Montagsdemonstrant und Freund lebt nun nicht mehr – und doch lebt er in uns und durch unseren Kampf weiter. Er wird lebendig bleiben als Teil unserer Bewegung und wir tragen seine Fahne weiter.

Saarbrücken: Heute fand die 232. Montagsdemo in Saarbrücken statt. Der Himmel scheint die Montagsdemo zu mögen, denn der Dauerregen hörte pünktlich 17h 55 auf - bis zum Ende der Kundgebung um 19h 15!  Es wurden ca. 20 Redebeiträge am offenen Mikro gehalten.
Hier ein paar Auszüge:
· „Ihr lieben Leute: Solidarität macht stark! Gemeinsam können wir Hartz IV abschaffen!“ sagte eine Demonstrantin zu Beginn.
· Eine Rentnerin erzählte: „Die Renten sind um 2, 4% erhöht worden. Find ich super. Gleichzeitig habe ich aber von meiner privaten Zusatzrentenversicherung einen Bescheid bekommen, dass die Steuerabgaben der Rente erhöht werden. Und die Krankenkassenbeiträge. Da werde ich morgen mal vorsprechen! Ich bin 79 Jahre  - aber zum kämpfen ist man nie zu alt!
· „Wir dürfen uns nicht spalten lassen in alt und jung, arbeitslos und berufstätig oder dick und dünn! Nur gemeinsam sind wir stark. Wir wissen aus Erfahrung, dass eine Montagsdemo-Bewegung schon einmal den Lauf der Dinge verändert hat: Damals wurde vom Volk der Mauerfall erzwungen und wir machen solange weiter bis Hartz IV weg ist!“ sagte ein Demonstrant.
· Einer sagte: „Auf dem Weg von Italien wurden zwei Japaner gestellt, die einen Koffer bei sich trugen. Im Koffer waren 134 Milliarden Euro in Aktien, Wertpapieren und Bargeld. Aber sicher ist, dass die zwei damit nicht den Welthunger stoppen wollten – das könnte man nämlich in wenigen Wochen mit so einer Summe erreichen , und noch dazu die CO2-Emissionen drastisch verringern. Das muss man sich mal vorstellen: 134 MILLIARDEN Euro!“
· „Der Chef von der Unternehmensgruppe Arcandor, die gerade Karstadt in den Ruin treibt, bekommt 2 Millionen Euro im Jahr. Kein Manager auf dieser Erde verdient das 500-fache an Gehalt wie ein Facharbeiter!“ sagte ein Demonstrant.
· Zum Schluss sagte eine Demonstrantin noch: „Die Stuttgarter Montagsdemo hat sich ja sehr mit uns solidarisiert im Fall des Bußgeldbescheides an einen unserer Mitstreiter. Die Stuttgarter Montagsdemo wurde jetzt auch mit einer Strafe belegt, weil sie sich versehentlich 40 Meter weit vom angemeldeten Demonstrationsort aufstellten. Die sollen dafür 600€ Strafe bezahlen. So nicht! Wir sind entschieden gegen diese Schikanen an der Montagsdemo! Wir sprechen hiermit unsere volle Solidarität mit den Stuttgartern aus!“
Am Mittwoch, dem 17.6.09 findet am St. Johanner-Markt in Saarbrücken eine Kundgebung gegen das Bildungssystem der Regierung statt. Diese Aktion ist bundesweit. Macht alle mit!
Die nächste Montagsdemo findet am 22.6.09 ab 18 Uhr vor dem Arbeitsamt in Saarbrücken statt!

Wismar: Heute kam zu den beiden Aktivisten der Montagsdemo ein Renterehepaar hinzu, das schon im letzten Sommer eine Zeitlang mitwirkte. Es hielt sich allerdings aus der Diskussion heraus und verfolgte einfach nur die Diskussionsthemen der beiden Aktivisten.
Der Demoanmelder hatte sich pestizidverseuchten Dung in den Garten geholt, so dass er nun seine Erdbeeren nicht genießen kann.
Dabei kam man auf den Widersinn der kapitalistischen Landwirtschaft zu sprechen, die unter Einsatz von immer mehr Chemie auf Rekordernten aus ist, um anschließend dann doch nur das unverkäufliche Getreide wegzuwerfen oder neuerdings gar zu verheizen.
Die Vorgänge auf der Werft waren auch bei dieser Montagsdemonstration Thema. Aber auch der deswegen geplante Einsatz von mehr MLPD-Wahlplakaten zu den Bundestagswahlen und die Vorbereitung eines Diskussionsangebots zur Weltwirtschaftskrise.
Der Anmelder der Demo dokumentierte als Amalgamopfer, wie er die Genossin Bunge von der Linkspartei als Vorsitzende des Bundesgesundheitsausschusses zur Rede stellen will, weil sie sich nicht an Vereinbarungen aus der Bürgersprechstunde gehalten hat.
Zwischendurch unterhielt man sich über Fortschritte im Garten, über neue Erkenntnisse aus TV-Sendungen und Veranstaltungen.

Zwickau: 232. Zwickauer Montagsdemo am 15.06.2009
Bei strömendem Regen konnten die rund 20 Teilnehmer der Demo erneut ihre Standhaftigkeit und Ausdauer unter Beweis stellen. Zwei Kernthemen dominierten diese Demo.
Zum einen sprach ein Redner über die Politik, die allen Zwickauern am nächsten ist. Er forderte die Oberbürgermeiserin und den Stadtrat auf, keine Fraktion der NPD mit der DSU zuzulassen. Dies begründete er mit dem Argument, dass die beiden Parteien, wenn sie eine Fraktion bilden würden, eine Zahlung in Höhe von 3000 Euro zusteht. Das sollte der Stadtrat auf jeden Fall verhindern. Eine Fraktion aus zwei Parteien, die am rechten Rand der Politik angesiedelt sind, auch noch finanziell zu unterstützen, wäre für alle demokratisch denkenden und handelnden Menschen und Politiker ein Schlag ins Gesicht. Diese Gelder kann die Stadt Zwickau für andere, vor allem sozialen Zwecke, wesentlich besser einsetzen.
Im zweiten Kernthema ging es wieder um Hartz IV. Der Redner informierte die Zuhörer über eine neue Berechnungsgrundlage bei Familien mit Kindern. Wenn die Kinder einer BG sich durch ihr eigenes Einkommen, wie Kindergeld, Unterhalt und/oder Ausbildungsgeld selbst "finanzieren" können, dann fallen sie aus der Bedarfsgemeinschaft heraus. Die Neuberechnung wurde durch das BSG festgelegt. Wer der Meinung ist, dass die ARGE oder das Sozialamt in der Vergangenheit falsche Berechnungen angestellt hat, der sollte auf alle Fälle einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X stellen. Damit werden alle Bescheide der Vergangenheit überprüft und ggf. die Differenz nachgezahlt. Sollte die Leistungsbehörde jedoch der Meinung sein, dass alle Bescheide in Ordnung sind, dann sollte der Betroffene noch einmal alle Bescheide selber nachrechnen oder sich z.B. bei der Arbeitsloseninitiative Gegenwind e.V.i.G. für den Kreis Zwickau Hilfe holen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist ein Brief, den der Chef des Personalrates der Bundesanstalt für Arbeit an den geschäftsführenden Vorstand, Frank-Jürgen Weise, geschrieben hat. In diesem Brief wirft der Personalratschef der Agentur eine falsche Vorgehensweise im Umgang mit ihren Kunden vor. Auf Grund von "Zahlenhascherei" in den Agenturen und ARGEn kommt es nicht mehr zu einer richtigen Beratung und Betreuung der Kunden. Dieser Brief bestätigt unsere Ahnung, dass es diesen Wettbewerb um die meisten "Einsparungen" auf Kosten der "Kunden" gibt. Beide Themen sind auch in der Rubrik "Thematisches" auf unserer Website www.montagsdemo-zwickau.de zu finden.
Ein weiterer Redner prangerte die Verhaltensweise der Regierung im Zusammenhang mit der Krise an. Immer wieder werden Gelder an Banken und Industrie ausgereicht ohne richtig zu prüfen. Der "kleine Mann" bleibt wie immer auf der Strecke.