Politik
Skandalöse Arbeitsbedingungen und Hungerlöhne
18.06.09 - Immer öfter wird in letzter Zeit von Teilnehmern an den offenen Mikrofonen bei den Montagsdemonstrationen über skandalöse Arbeitsbedingungen und Hungerlöhne berichtet. Angesichts Hunderttausender entlassener Leiharbeiter, Betriebsschließungen, Insolvenzen usw. sowie massenhafter Kurzarbeit, sind immer mehr Familien auf jeden Cent angewiesen. Diese Lage wird vor allem jetzt in der Krise von vielen Unternehmen schamlos ausgenutzt. Besonders betroffen davon sind Frauen. Am Montag, den 15. Juni war „Tag der Gebäudereinigung“. Jährlich demonstrieren an diesem Tag weltweit Beschäftigte der Gebäudereinigung,um auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Das Datum geht zurück auf einen erfolgreichen Streik von Gebäudereinigungskräften 1990 in Los Angeles. Auch in Dresden wurde dieser Tag von der IG Bau feierlich begangen. Dabei machte eine empörende Meldung aus dem Spiegel die Runde und ein Korrespondent bat uns dies allen rf-news-Lesern mitzuteilen:
„Direkt am historischen rekonstruierten Dresdner Neumarkt liegt das mintgrün-getünchte Luxushotel QF( "Quartier an der Frauenkirche"). ... Das billigste der 96 Zimmer kostet 169 Euro, die Suite ist für 349 Euro pro Nacht zu haben. Ramona Sonntag dagegen ist schon für 2,71 Euro die Stunde zu haben. Dafür arbeitet sie ab 8.30 Uhr im QF. Um 15.30 Uhr ist Feierabend, dann hat sie drei Classic Zimmer gereinigt und vier Superio-Unterkünfte, und am Ende des Tages insgesamt 19 Euro verdient. ... Sie wechselt die Bettwäsche, wischt überall Staub, saugt, reinigt Waschbecken, Badewanne und Toilette, füllt die Minibar auf. Zwischen zwei und drei Euro bekommt sie pro Zimmer. ... 'Die Zimmermädchen sammeln leere Flaschen aus der Minibar und bringen sie zur nächsten LIDL-Filiale, um ihren Verdienst aufzubessern', erzählt die 31-Jährige. Angestellt ist sie bei der Berliner Firma B+K Dienstleistungen, die für Hunderte Hotels bundesweit die Zimmer und Suiten reinigt. Das Unternehmen zählt mit 3100 Beschäftigten zu den Großen der Branche. "Wenn bei uns ein Mädchen nur 3,56 Euro pro Stunde verdient, dann ist sie eben die Falsche für den Job", so Torsten Benthin, Geschäftsführer von B+K. Dann sei sie zu langsam.“
Als bedauerliche Einzelfälle tun das viele bürgerliche Politiker ab und entrüsten sich über „gierige Manager“. Dabei sitzen sie selbst voll im Glashaus: Putzkräfte bekommen im höchsten deutschen Parlament dafür, dass sie den Bundestag reinigen, teilweise weniger als 5,50 Euro pro Stunde. Dabei hatten die Berliner Politiker im März 2007 einer gesetzlichen Regelung für Mindestlöhne zugestimmt. Gegenwärtig liegt er für die Beschäftigten von Gebäudereiniger-Firmen tarifvertraglich bei 8,15 Euro im Westen und 6,58 Euro im Osten Deutschlands. Selbst das ist natürlich zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel!
Die Bundestagsverwaltung teilte nun zu den Niedriglöhnen der Gebäudereiniger im Bundestag mit, dass sie zwar einen Anspruch auf Bezahlung des Tariflohns habe. Aber eine tarifgerechte Entlohnung könnte sie von den Firmen nicht fordern, das sei Sache der Tarifparteien. So sieht also der „Einsatz für faire Löhne“ der bürgerlichen Politiker aus! Tatsächlich haben erst die Hartz-Gesetze der Schröder/Fischer-Regierung diese Hungerlöhne ermöglicht, und keine der bürgerlichen Parteien will an diesen Gesetzen etwas ändern!
Wer die Hungerlöhne und die Hartz-Gesetze anprangern und den Kampf dagegen organisiert führen will, ist bei den Montagsdemonstrationen in über hundert Städten in Deutschland an der richtigen Adresse. Seit fast fünf Jahren bilden sie mit ihrem aktiven Widerstand das „soziale Gewissen“ in Deutschland. Ende Juli feiern sie ihren 5. Jahrestag. Ein guter Zeitpunkt, dass die Montagdemonstrationsbewegung massenhaft neue Mitstreiter gewinnt.