International
US-Truppen in Afghanistan vor Fiasko
05.07.09 - Seit Donnerstag führen US-Marine-Infanteristen in Afghanistan mit 4.000 Elitesoldaten, unterstützt von 650 afghanischen Militärs, eine Großoffensive im Süden Afghanistans durch. Als taktisches Ziel gibt die US-Mililtärführung an, "die Provinz Helmand dem Einfluss der Taliban zu entreißen". Vor der Präsidentenwahl am 20. August soll die Kontrolle der afghanischen Regierung von US-Gnaden wieder vollständig hergestellt werden. Dies ist der erste große Militäreinsatz unter Barack Obama und der größte und schnellste seit Falludscha im Irak 2004.
Seine Erfolgsaussichten sind sehr fraglich: Erstmals wurde ein US-Soldat entführt. Im Osten wurde in der Provinz Paktika von den Taliban ein Lager der US-Armee angegriffen und diese zwei Stunden in ein Gefecht verwickelt. Dabei wurden zwei US-Soldaten getötet. Die US-Armee spricht von höllischen Kämpfen. In Ost-Afghanistan wurden 16 UNO-Minenräumer entführt. Die Angriffe des afghanischen Widerstands haben von 2008 bis 2009 allgemein noch einmal stark zu genommen.
So gab der US-Kommandeur für Nah-und Mittel-Ost, David Petraeus, bekannt, dass allein in der ersten Juni-Woche 2009 über 400 Angriffe gegen Militäreinrichtungen und Soldaten der USA und seiner Verbündeten gezählt wurden, die größte Anzahl bisher seit Sturz der Taliban-Herrschaft 2001. Im Vorjahr waren es knapp 250. Im Zeitraum Januar bis Mai 2009 stieg die Zahl der Angriffe in ganz Afghanistan um 59 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2008, im Süden sogar um 78 Prozent. Petraeus: "Ohne Frage, die Situation hat sich verschlechtert." ("focus online", 12.6.09).
Barack Obama will die US-Truppen in Afghanistan um 21.000 auf 68.000 erhöhen bis Jahresende. Das wären dann doppelt so viel wie noch 2008 unter G.W. Bush. Die ausländischen Truppen stehen in Afghanistan einem wachsenden militärischen und aktiven Widerstand der Bevölkerung gegenüber. Es ist eine bewusste Irreführung in der Berichterstattung der bürgerlichen Medien, den gesamten Widerstand auf die Talibans zu reduzieren. Zu diesen hat die Bevölkerung durch die Zeit der grausamen Unterdrückung nach wie vor ein zwiespältiges Verhältnis. Die Mehrheit will nicht deren Wiederkehr. Aber sie will auch keine imperialistische Besatzung.
In Afghanistan steht das ganze Konzept des "New War" gegen den sogenannten "Terrorismus" vor dem Scheitern: angesichts der Weltwirtschaftskrise wird auch für die USA die Fortführung eines so kostspieligen Krieges wie im Irak und in Afghanistan immer problematischer. Eine Niederlage der US- und IFOR-Truppen würde die Lage nicht nur in Afghanistan, sondern allen angrenzenden Staaten, vor allem Pakistan, zu Ungunsten der Besatzer weiter destabilisieren und die Völker im Kampf gegen imperialistische Unterdrückung noch mehr zum Widerstand ermutigen. Die Offensive der USA zeigt drastisch die gesteigerte Aggressivität des US-Imperialismus. Sie zeigt allerdings ebenfalls die Aussichtslosigkeit dieser Strategie.
Auch der BRD-Imperialismus erhöht seine militärischen Anstrengungen in Afghanistan. Kaum sind die bei Kampfhandlungen getöteten Soldaten bestattet, beschließt der Bundestag eine Erhöhung der Truppenzahl um 600 (bisher 3.700). Dazu kommen noch ein Teil der 300 AWACS-Spezialisten zur Flugüberwachung. Diese Flugüberwachung ist klar Bestandteil der Kriegführung der US-Armee dort. Immer löchriger werden die Beschwörungen von Verteidigungsminister Jung, man befinde sich nicht im Krieg.
55 Prozent der Bevölkerung lehnen den Einsatz ab. Sogar einzelne Spitzenpolitiker der Grünen, der CSU und die Linkspartei fordern zu Recht den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Im Bundestagswahlkampf wird es auch darum gehen: Abzug aller deutschen Truppen aus Afghanistan!