Politik

Warum häufen sich Luftfahrtkatastrophen und Eisenbahnunfälle?

02.07.09 - Am 6. Juni geschah der Absturz einer Air-France-Maschine über dem Atlantik auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris. Keiner der 228 Passagiere überlebte. Am 30. Juni entgleiste im Bahnhof von Viareggio in Italien ein mit Flüssiggas beladener Waggon. Mindestens 17 Menschen starben, mehrere Häuser wurden zerstört. Gestern verunglückte ein Airbus der jemenitischen Fluglinie mit 153 Insassen beim Landeanflug vor den Komoren. Nur ein Mädchen wurde lebend geborgen. Die Luftfahrtgesellschaften verweisen bei solchen Katastrophen penetrant auf die vergleichsweise hohe Sicherheit ihres Verkehrssystems, wo es "von zwei Milliarden Fluggästen" jährlich "nur an die 1.000 Tote" gäbe. Das erklärt aber nicht den Anstieg von Großkatastrophen in den letzten Jahrzehnten.

Die meisten Untersuchungen wurden mit der Bewertung "menschliches und technisches Versagen" abgeschlossen. Das ist eine Verharmlosung der Tatsachen. Die Sicherheitsvorkehrungen werden schon seit zwei Jahrzehnten geradezu kriminell heruntergefahren.Mit rigorosen so genannten "Sparprogrammen" werden bei allen führenden Verkehrsgesellschaften massiv Arbeitsplätze abgebaut, die Kosten für Löhne und Sicherheitseinrichtungen radikal gesenkt, um schneller und billiger als die Konkurrenz zu sein. Kontrollgänge, die früher regelmäßig die Schienen zu Fuß begangen haben, wurden bei der Bahn beseitigt. Die Intervalle der Inspektionen  und Kontrollen des Materials wurden erheblich verlängert.

Gleiches in der Luftfahrt: Schon seit 1978 unterziehen die Flughafen-Experten der Pilotenorganisation "Cockpit" deutsche Airports jedes Jahr einer Überprüfung. Das Sicherheitsniveau in Deutschland wird von den Gesellschaften mit als höchstes der Welt angegeben. Dennoch erhielten zehn von 32 überprüften, regelmäßig angeflogenen Flughäfen die Beurteilung "mangelhaft".

Mit der im Herbst 2008 begonnenen Weltwirtschaftskrise hat sich das  drastisch verschärft: Die Zahl der unsicheren Verkehrsflughäfen hat sich nach ihren Angaben gegenüber 2008 sogar verdoppelt. Allein im ersten Halbjahr 2009 gab es weltweit schon neun Abstürze von Passagierflugzeugen mit mehr als zehn Toten. In den letzten Vorjahren lag die gesamtjährliche Zahl bei 13.

Nach ersten Untersuchungen ist das Eisenbahnunglück von Viareggio auf den Bruch einer Achse zurückzuführen. Professor Vatroslav Grubisic, Hauptgutachter beim Prozess um die ICE-Katastrophe mit 101 Toten von Eschede 1998, warnt, dass sich derartige Achsbrüche "in Europa jederzeit wiederholen können". Während nur einige wenige Luxuszüge gehegt würden, werde die Sicherheit vor allem bei Güterzügen und normalen ICE-Zügen sträflich vernachlässigt. Ein Bahnangestellter bestätigte heute gegenüber "rf-news": "Die stichprobenartigen Kontrollen des Eisenbahnbundesamtes sind weitgehend wirkungslos, ihnen fehlt das adäquate Fachpersonal, die Mittel und sie sind lückenhaft."

Es bleibt so der Deutschen Bahn vorbehalten, sich selbst zu kontrollieren. Wie dieser Konzern mit Menschen umspringt zeigt er sowohl gegenüber seinen Beschäftigten, deren Arbeitsplätze massiv abgebaut wurden und werden und deren Lohn- und Arbeitsbedingungen systematisch gedrückt werden, als auch gegenüber den Fahrgästen und der Bevölkerung, die in der Nähe der Bahnhöfe und Schienenstränge lebt.

Das eigentliche Untersuchungsurteil muss lauten: Die meisten der zu beklagenden Verletzten und Menschenleben sind die Opfer des gnadenlosen Konkurrenzkampfs der international führenden Konzerne der Luftfahrt- und Bahnproduzenten und -betreiber: Menschenfeindlich aus Maximalprofitgier!