Umwelt

Nicht nur Krümmel – sondern alle Atomkraftwerke auf Kosten der Betreiber sofort abschalten!

06.07.09 - Zwei Jahre stand es still, das AKW Krümmel bei Hamburg - nach einem Trafobrand. Eine riesige Rauchsäule stand damals über dem AKW; im Leitstand wurden Gasmasken verteilt, um die Kontrolle zu behalten. Es bestand die Gefahr, dass sich über Kabeltrassen das Feuer bis in den Reaktorbereich ausbreitete. Ein drohender Supergau war im Bereich des Möglichen. Mit 15 Störfällen stand Krümmel im Jahr 2006 an der Spitze der Störfälle in deutschen Atomkraftwerken. Statt die Anlage sofort stillzulegen, wurde nach aufwändigen Reparaturen am 19. Juni 2009 die Wiederaufnahme des Betriebs beantragt.

Schon am 23. Juni kam es zu einer ersten Störung, am 28. Juni zum ersten Störfall, einem Kurzschluss in einem der Transformatoren.  Ein gleichartiger Vorfall hatte vor zwei Jahren zu dem Brand geführt. Und am 4. Juli wurde "nach einem schwerwiegenden Problem" die Schnellabschaltung aktiviert. Und wieder, wie schon bei früheren Störfällen, wurde die zuständige Atomaufsichtsbehörde durch den Betreiber Vattenfall nicht informiert, sondern nur die Polizei auf eine Schnellabschaltung mit dem möglichen Ausfall von Verkehrssignalanlagen vorbereitet, die dann die Aufsichtsbehörde informierte.

Das Verschweigen von Störfällen hat System; Vattenfall ist "Wiederholungstäter". Wenn Vattenfall "ertappt" wird, entschuldigt sich der Verantwortliche lapidar für diesen "Fehler", der ohne jegliche Sanktionen bleibt. Denn die Strahlenschutzverordnung sieht nur eine Meldepflicht für Störfälle vor und keinerlei Strafen bei Verstößen gegen die Meldepflicht. 

Der zuständige Bundesumweltminister Siegmar Gabriel forderte am Wochenende sofort lautstark die Stilllegung von Krümmel. Und er versichert im Nachsatz aber auch gleich, dass der Energieriese weder Sanktionen für seine unverantwortliche und Menschenleben gefährdende Politik noch Profiteinbußen zu erwarten habe. Die in Krümmel ausfallende Energieproduktion darf Vattenfalls auf die bisher genehmigten Produktionsmengen in anderen Atomkraftwerken aufschlagen.

Wenn sich jetzt im Vorfeld der Bundestagswahl einige Spitzenpolitiker von SPD und den Grünen wieder als Verfechter des "Atomausstiegs" hervortun, ist Wachsamkeit geboten. So begrüßen wir die Kritik des Umwelt- und Anti-AKW-Bündnis "CASTOR-Widerstand Neckarwestheim", dass an der vor allem von Grünen und SPD-Politikern initiierten Kundgebung mit 1.600 Teilnehmern am letzten Samstag für den planmäßigen "Ausstieg des AKW Neckarwestheim" unter anderem der ehemalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin als einer der Hauptredner geladen wurde: 

"Im Juni 2000 hat die damalige rot/grüne Bundesregierung mit den Energiekonzernen den sogenannten 'Atomausstieg' vereinbart... In einer Zeit, als viele Anti-Atom-Themen wie die ungeklärte Endlagerfrage des hochradioaktiven Atommülls, die zahlreichen permanenten hochgefährlichen Atommülltransporte, die Gefährdung durch Atomkraftwerke bereits im Normalbetrieb, breit in der Öffentlichkeit diskutiert wurden... Dann wurde die Vereinbarung über den 'Atomausstieg' unterschrieben und verbreitet, dass aufgrund dieser Vereinbarung ein automatisches Abschalten zu festgelegten Terminen erfolgt. Stillgelegt wurden aufgrund dieses Märchens in den Folgejahren nur die Anti-Akw-Massenproteste, jedoch kein einziges relevantes Atomkraftwerk."

Diese Erfahrung und die neue bedrohliche Gefahrenlage unterstreichen die Notwendigkeit des aktiven Widerstands für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen auf Kosten der Profite der Betreiber. Die nächste Gelegenheit, den Protest breit auf die Straße zu tragen ist der geplante "Atom-Treck" in vielen Städten der BRD mit dem Höhepunkt einer Großdemonstration in Berlin am 5. September.