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Kalifornien: Dramatische Etat-Kürzungen geben Vorgeschmack, was weltweit auf die Massen zukommt

26.07.09 - Neben Finanzjongleuren, Banken und Spekulanten kann sich evtl. noch eine weitere Gruppe von Menschen über die drastischen Einschnitte freuen, die zur Abwendung des drohenden Staatsbankrotts im US-Bundesstaat Kalifornien vorgenommen werden: 20.000 Gefangene werden voraussichtlich vorzeitig entlassen, um die Staatsausgaben für den Unterhalt der überfüllten Gefängnisse zu kürzen.

Ansonsten aber ist es blanker Zynismus, wie Gouverneur Arnold Schwarzenegger die brutalen Einschnitte kommentiert: "Wir haben viel erreicht. Wir haben die Regierung effizienter gemacht, und wir haben zudem Verschwendung, Betrug und Missbrauch zurückgedrängt." Als Beispiel führt er einen drogensüchtigen jungen Mann an, der Pflegegeld für seinen Vater möglicherweise in Drogen statt in Pflege angelegt hat und dessen Vater verwahrlost gestorben ist. Mit solcherlei spekulativer und reaktionärer Propaganda will Schwarzenegger wohl die Bevölkerung dafür gewinnen, dass unter anderem zehntausende von Senioren und Kindern ihre Gesundheitsversorgung verlieren und dass zur Sanierung der durch und durch maroden Staatsfinanzen die bislang staatliche Arbeitsunfallversicherung verscherbelt wird.

Der Haushaltsplan, den Schwarzenegger aushandelte, um das Haushaltsloch von 26,3 Milliarden Dollar zu stopfen, baut neben dramatischen Kürzungen (15,6 Milliarden Dollar = elf Milliarden Euro) auf neue Schulden (2,1 Milliarden Dollar) und die formale Umwidmung einzelner Ausgabenbereiche ins nächste Haushaltsjahr (2,7 Milliarden). Die wachsende Staatsverschuldung, sprudelnde Profitquelle für die Banken, wird u.a. finanziert durch Steuererhöhungen und weitere Kürzung staatlicher Leistungen.

  • Mehr als 200.000 Beamte wurden in Zwangsurlaub geschickt. Bis Juni 2010 ist vorläufig drei Tage im Monat unbezahlte Kurzarbeit angesagt.
  • Die staatliche Krankenversicherung Medi-Cal soll mindestens 1,2 Milliarden US-Dollar weniger ausgeben.
  • Auch das einstmals als vorbildlich geltende Schulsystem wird massiv in Mitleidenschaft gezogen. Bereits jetzt wurde 17.500 Lehrern ihre Entlassung angekündigt, der Haushaltsplan sieht "Einsparungen" von 6 Milliarden US-Dollar vor.
  • Zunächst hatte Schwarzenegger angedroht, alle 220 kalifornischen Naturschutzgebiete zu schließen. Nach Protesten der Beschäftigten und der Bevölkerung, die vom Tourismus lebt, bleibt die Mehrheit der Parks vorerst zugänglich, wird aber nicht mehr ausreichend gepflegt, einige werden aber auch gleich dicht gemacht.
  • Schwarzenegger, der gern als "grüner Konservativer" auftritt, schreckt auch nicht vor der Zerstörung des empfindlichen Ökosystems vor der Küste von Santa Barbara zurück. Erstmals seit 40 Jahren sollen neue Bohrungen nach Öl und Gas erlaubt werden, um neue Geld in die Staatskassen zu spülen.
  • Einen Teil seiner Verbindlichkeiten bezahlt der Staat nur noch mit Schuldverschreibungen, so genannten General Obligation Bonds (GOB's). Wie man die dann zu Bargeld machen kann, bleibt den Empfänger selbst überlassen. Wer seine Pension in GOB's mit einer Laufzeit bis zur Fälligkeit im Jahr 2035 erhalten hat, hat durch die aktuelle Entwicklung eine Pensionskürzung von elf Prozent hinzunehmen. Und dies ist erst der Anfang.
  • Auch die steigende Arbeitslosigkeit verschärft zusätzlich die Finanzkrise der Bundesstaaten. Bereits jetzt liegt die Arbeitslosenquote in den USA bei offiziell 10 Prozent, in Kalifornien bei 11,5 Prozent. Der drastische Anstieg der Arbeitslosigkeit in den USA wird erneut zu entsprechenden Kreditausfällen bei Immobilien einschließlich Gewerbeimmobilien, Kreditkarten, Studien- und Autokrediten führen.

Anlässlich der Pressekonferenz zum sogenannten Sanierungsplan kam es zu breiten Protesten; in Los Angeles demonstrierten Lehrer, Schüler und Studenten gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung.

Kalifornien ist ein Paradebeispiel dafür, wie bei Staaten die "Rettung vor dem Bankrott" aussieht: sie schröpfen gnadenlos die Massen.