International
Offener Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan: Was bleibt von der Fassade der "Friedenssicherung"?
23.07.09 - Seit Mittwoch Mittag führt die Bundeswehr in der Region von Kundus in Nordafghanistan erstmals einen massiven militärischen Angriff gegen die Taliban und afghanische Widerstandskämpfer durch. Im Einsatz sind zusammen mit 900 afghanischen Sicherheitskräften 300 Bundeswehr-Soldaten der "Schnellen Eingreiftruppe" ("Quick Reaction Force") mit schwerem Gerät: Schützenpanzer vom Typ "Marder" mit ihren 20-Millimeter Bordkanonen, Predator-Drohnen (unbemannte Flugkörper, die gezielt Raketen abschießen) und große 120mm-Mörser. Mit dabei sollen ebenfalls Soldaten des "Kommando Spezialkräfte" sein, die unter strengster Geheimhaltung operieren. Auch bei der sogenannten Luftnahunterstützung ("close air support") wurde ein bisheriges Tabu gebrochen. Bisher forderte die Bundeswehr bei Gefechten mit den Taliban zwar Kampfjets an, Bomben wurden jedoch nicht eingesetzt. Nach Informationen von "spiegel-online" feuerten die Kampfflugzeuge dieses Mal scharfe Raketen ab, was bereits erste Opfer unter der Zivilbevölkerung forderte.
Der Übergang zum offenen Kriegseinsatz lässt die Regierungsphrasen vom angeblich "friedenssichernden" und auf "Wiederaufbau" zielenden Bundeswehreinsatz in Afghanistan vollends unglaubwürdig werden. Trotzdem eiert Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) herum und behauptet nach wie vor, die Bundeswehr befände sich dort nicht im Krieg, sondern führe nur einen "Stabilisierungseinsatz" mit dem Ziel einer "sich selbst tragenden Sicherheit" in Afghanistan.
Selbst der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, muss zugeben, dass das Ziel des jetzigen Einsatzes sei, "die Lage wieder unter Kontrolle zu bekommen", um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen am 20. August zu gewährleisten. Die so genannte "Offensive" der Bundeswehr ist nur die Reaktion darauf, dass die Taliban und andere afghanische Widerstandskräfte in den letzten Monaten auch in der Region von Kundus mehr und mehr zu offenen Angriffen auf die afghanischen Truppen und Besatzungsmächte übergehen. Im ganzen Land kontrollieren sie immer mehr Gebiete und Städte (unter anderem Ghazni, Logar und Wardak). Es gibt einen wachsenden Zusammenschluss verschiedenster Widerstandsgruppen, die in den hiesigen bürgerlichen Medien immer nur mit den islamisch-fundamentalistischen Taliban gleichgesetzt werden. Ihr Ziel ist, den Krieg so lange zu führen, bis die ausländischen Truppen besiegt sind oder aufgeben.
Es sind die imperialistischen Besatzer und nicht ihr Abzug, die das Land im "Chaos" versinken lassen. Einen Neuaufbau im Interesse des Volks kann es nur geben, wenn das afghanische Volk sein Selbstbestimmungsrecht erkämpft. Die nationale und soziale Befreiung von der imperialistischen Abhängigkeit erfordert allerdings auch, mit den reaktionären islamistischen Kräften fertig zu werden. Dazu muss vor allem der Aufbau einer marxistisch-leninistischen Partei vorangetrieben werden, die den Menschen unter anderem hilft, die negativen Erfahrungen der Unterdrückung durch die sozialimperialistische Sowjetunion in den 1970 und 1980er Jahren richtig zu verarbeiten.
Es ist notwendig, schon jetzt den Antikriegstag am 1. September 2009 vorzubereiten und den Kampf für den "Rückzug aller deutschen Truppen aus dem Ausland" dabei ins Zentrum zu rücken. Die MLPD wird ihre Offensive für den echten Sozialismus zu den Bundestagswahlen auch dafür nützen, die Konsequenz des aktiven Widerstands in der Bevölkerung zu verbreiten, von der schon jetzt eine breite Mehrheit den Bundeswehreinsatz in Afghanistan ablehnt.