Politik

Kita-Tarifauseinandersetzung mit Teilzugeständnissen beendet

28.07.09 - Gestern stimmte nun auch die Führung der Gewerkschaft Verdi dem Abschluss nach dem monatelangen Tarifkampf der Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertagesstätten zu. Verdi-Chef Frank Bsirke bezifferte den monatlichen Lohnzuwachs für die 130.000 kommunalen Erzieher auf 80 bis 140 Euro mehr im Monat - wohlgemerkt brutto. Außerdem ist dabei zu beachten, dass der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von 2005 ihnen Nachteile gebracht hatte und die Möglichkeit zur Abgruppierung schuf. 46 Prozent der meist weiblichen Erzieher im Westen arbeiten zudem in Teilzeit.

Der von Bsirke hochgelobte "neuartige Tarifvertrag" zur Gesundheitsförderung ist eine einzige Mogelpackung. Denn er beinhaltet lediglich den Anspruch auf eine Gefährdungsanalyse, zum Beispiel des Lärmpegels. Gefordert hatten die Kolleginnen und Kollegen einen Gesundheitstarifvertrag, der den besonderen Belastungen ihrer Arbeitsbedingungen Rechnung trägt, z.B. mit Lärmschutzmaßnahmen. Laut einer Befragung vor dem Streik rechnen nur 26 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher damit, dass sie ihren Beruf bis zur Erreichung des Rentenalters ausüben können. Der Unmut unter den Erzieherinnen und Erziehern über die Zustände und Arbeitsbedingungen in ihren Einrichtungen war riesig, und mit ihren Forderungen sensibilisierten sie nicht nur die Eltern, sondern große Teile der Bevölkerung für ihre Anliegen. Eine Erzieherin aus Nordrhein-Westfalen berichtete: "Die Forderung nach Gesundheitstarifvertrag wurde von Ver.di initiiert, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Über 89,9 Prozent haben bei der Urabstimmung für Streik gestimmt. Das drückt aus, was die Kollegen wollen. Der Streik ist ein Politikum. Es gibt bisher keinen Gesundheitsvertrag. Es geht gegen Unterbezahlung und um bessere Arbeitsbedingungen, unter anderem wird Lärmschutz gefordert und dass einmal im Jahr der Arbeitsplatz auf Gesundheitssituation überprüft wird. Die Kolleginnen und Kollegen beim Streik haben gesagt: Es wird Zeit für diesen Streik, wir können nicht mehr. Es muss mal gemerkt werden, was bei uns abgeht. Wir wollen nicht mehr leise sein. Sie wollen auch weg von dem Image, als sei der Erzieher-Beruf Kaffeetrinken und Rumsitzen. Es ist eine verschärfte Situation, auch bei den Sozialarbeitern, weil sich in den Familien die Probleme vervielfacht haben."

Nicht umsonst war deshalb der vorgelegte faule Kompromiss unter den 300 in Frankfurt tagenden Streikdelegierten heftig umstritten. Tatsächlich hatten die kämpfenden Erzieher und Erzieherinnen doch insgesamt die Erfahrung gemacht, dass die Mehrheit der Menschen ihren Kampf unterstützten. Zahlreiche Massendemonstrationen wie in Köln mit über 30.000 Teilnehmern hatten ihr Selbstbewusstsein gestärkt - gegen die zunehmende Medienhetze. Auch die Verbindung mit der Rebellion der Schüler und Studenten verstärkte die Einheit von Jung und Alt und die Kraft für eine Weiterführung des Kampfes nach den Ferien im September. Diese positive Erfahrung kann ihnen niemand nehmen, auf ihr kann aufgebaut werden. Die Gewerkschaftsmitglieder müssen schließlich erst noch zustimmen.

Entschieden zurückgewiesen werden muss der Versuch der kommunalen "Arbeitgeber", nun den Erziehern die finanzielle Ausblutung der Kommunen in die Schuhe zu schieben. 500 zu 750 Millionen Euro im Jahr für die Kommunen werden hier schnell genannt. Doch das entspricht gerade mal in etwa der Summe, die einer einzigen Stadt wie Stuttgart an Gewerbesteuer in der Krise vorenthalten wird. Und Ulla Schmidt verheizt in einer kleinen Urlaubsspritztour im Dienstwagen locker mal das Monatsgehalt von einem Dutzend Erzieherinnen.