Wirtschaft
Unternehmerverbands-Chef Hundt fordert Lohnsenkungen
06.08.09 - Während die Berliner Parteien noch nicht mit der Sprache herausrücken, was sie nach den Wahlen den Arbeitern und Angestellten an Belastungen auftischen wollen, oder in vollmundigen Versprechungen schwelgen, werden die Unternehmervertreter schon deutlicher. So forderte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, vor ein paar Tagen offen "tarifliche Kostenentlastungen", d.h. Lohnsenkungen, damit die Konjunktur sich erholen könne. Das sei bei Umsatzrückgängen von 30 bis 40 Prozent "durchaus berechtigt".
Als ob die Weltwirtschaftskrise wegen zu hoher Löhne ausgebrochen sei bzw. durch eine Senkung der Löhne überwunden werden könnte. In Wirklichkeit ist es die von Hundt verteidigte kapitalistische Produktionsweise, die aufgrund der ständig steigenden Ausbeutung und Überakkumulation des Kapitals gesetzmäßig immer wieder zu Überproduktionskrisen führt. Wenn Umsätze und Löhne aneinander gekoppelt wären, warum sind dann nicht die Löhne während des ungeheuren Anstiegs der Umsätze von 2003 bis 2008 deutlich gestiegen? Das Gegenteil war doch der Fall: Die Reallöhne wurden gesenkt!
Zugleich spricht aus Hundts Worten die Furcht vor Arbeiterkämpfen, wenn er zugibt, dass direkte "Lohnsenkungen wahrscheinlich keine Grundlage für Verhandlungen sein können". Deshalb müssten "übertarifliche Vereinbarungen oder aber Arbeitsbedingungen in den Manteltarifverträgen verändert werden, die zu einer Senkung der Kostenbelastung der Unternehmen führen". Zu den im Manteltarif geregelten Bereichen gehört vor allem die Frage der Länge der Arbeitszeit.
In den Chor der Kritiker an Hundts Aussage reihte sich auch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) ein. Seine Schlussfolgerung : "Wenn im September die falschen Leute die Regierung stellen, werden solche Stimmen Gehör bekommen", ist allerdings ein Schuss in den Ofen. Hat denn nicht die SPD als Regierungspartei in den letzten zehn Jahren durch die Hartz-Gesetze maßgeblich die Ausdehnung von Niedrigstlöhnen sowie die Ein-Euro-Jobs ermöglicht, mit denen hunderttausende reguläre Arbeitsplätze vernichtet wurden?
Die Arbeiter und Angestellten müssen ihre Lohnforderungen danach ausrichten, was sie zum Leben brauchen, und nicht daran, was die Unternehmen für Umsätze haben. Bei "Rückgängen" ihres Lohnes können sie auch keine "Kostenentlastungen" bei den Mieten und Lebensmitteln fordern. Lohnverzicht sichert keinen einzigen Arbeitsplatz. Arbeitsplätze können nur durch den Kampf um jeden Arbeitsplatz auf Kosten der Profite erhalten werden!
Ein gutes Beispiel gaben Anfang Juli die Beschäftigten bei Allgaier in Uhingen, wo 300 Kollegen entlassen werden sollen. Der Betrieb gehört zu einem Drittel dem BDA-Präsidenten Dieter Hundt. Auf einer Mitgliederversammlung der IG Metall wandten sich die Kolleginnen und Kollegen in einer Resolution einstimmig gegen Verzichtsforderungen: "Wir fordern keine Entlassungen und keinen weiteren Verzicht! Gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf den Rücken der Beschäftigten!"
Der zu erwartende massive Druck zur Durchsetzung von Lohnsenkungen aufgrund der Weltwirtschaftskrise wirft vor allem die Frage des kapitalistischen Lohnsystems überhaupt auf. Warum sollen die Arbeiter und Angestellten sich damit begnügen, ihre Löhne ständig aufs Neue zu verteidigen, um damit trotzdem immer weniger über die Runden zu kommen? Sie sind es, die den Mehrwert schaffen, den sich die Kapitalisten aneignen. Es ist höchste Zeit, diese Ausbeutung der Arbeitskraft und damit auch das Lohnsystem auf revolutionärem Weg abzuschaffen, damit im echten Sozialismus der gesellschaftliche Reichtum auch der ganzen Gesellschaft zugute kommt.