Politik

Fast 40 Prozent mehr Klagen gegen ALG-II-Bescheide

Fast 40 Prozent mehr Klagen gegen ALG-II-Bescheide

07.08.09 - SPD-Parteichef Franz Müntefering bleibt dabei. "Hartz IV war richtig", beteuerte er erst vor zwei Monaten. Dass die große Mehrheit der Bevölkerung gegen dieses Gesetz ist und eine richtige Klageflut gegen seine Folgen die Sozialgerichte überrollt, ficht ihn nicht an. Allein im ersten Halbjahr 2009 gingen fast 62.000 Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide bei den Sozialgerichten ein. Das sind rund 40 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Zahlen beruhen auf Berechnungen des DGB aufgrund von Statistiken der Bundesagentur für Arbeit.

Von diesen Klagen gegen das hochgelobte Meisterwerk der SPD/Grünen-Regierung sind auch noch rund die Hälfte erfolgreich. In Berlin erzielte 2009 bisher mehr als jeder zweite ALG-II-Bezieher zumindest einen Teilerfolg. Im Jahr 2008 lag die Quote bei 48 Prozent. Allerdings sind beim Sozialgericht Berlin 29.000 von rund 70.000 seit Inkrafttreten des Gesetzes eingegangene Klagen auch noch unbearbeitet.

Auch Justizvertreter, die anfänglich das Gesetz gut fanden, bekommen zunehmend Zweifel. So meint der Präsident des Landessozialgerichts in Nordrhein-Westfalen, Jürgen Brand: "Wir brauchen ein anderes Gesetz oder grundlegende Änderungen. Ausbesserungen an einzelnen Stellen reichen nicht." Die meisten bürgerlichen Politiker und Justizexperten führen die Klageflut jedoch auf nicht eindeutige Formulierungen im Gesetz zurück und fordern einfachere Durchführungsregeln. Das zielt in erster Linie darauf ab, die Klageflut einzudämmen und nicht darauf, den Betroffenen zu helfen.

Dass das Gesetz vielfach so schwammig formuliert ist, hat außerdem seinen Grund. Damit soll vor allem der Widerstand unterlaufen und Tür und Tor für die systematische Schikanierung und Erpressung von Arbeitslosen geöffnet werden. Es ist völlig richtig, sein individuelles Recht einzufordern und durchzusetzen. Das durch und durch volksfeindliche Gesetz, dass zu einem sprunghaft wachsenden Niedriglohnbereich und steigender Armut geführt hat, wird dadurch aber nicht angestastet. Auch die rund 50 Prozent verlorenen Klagen berühren meist völlig berechtigte Forderungen etwa zur Höhe des Regelsatzes oder zu den Kosten für Unterkunft.

Statt sich nur in gerichtlichen Auseinandersetzungen aufzureiben, kommt es darauf, die Kraft zum gemeinsamen Widerstand zu bündeln und sich den Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV anzuschließen, die zur Zeit bundesweit ihr fünfjähriges Bestehen feiern. Die MLPD wird ihren Wahlkampf nützen, diese Richtung des aktiven Widerstand zu fördern und zu stärken. Sie hat dazu auch einen schönen Aufkleber mit der Forderung "Hartz IV muss weg!" heraus gebracht, über den zusammen mit den anderen Wahlaufklebern auf der MLPD-Website abgestimmt werden kann.