Politik
Warum der Schreiber-Prozess erst nach der Bundestagswahl stattfinden soll
05.08.09 - Seit Anfang der Woche sitzt der ehemalige Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber in Augsburg in Untersuchungshaft - aber der Prozess gegen ihn soll erst nach den Wahlen stattfinden. Schreiber ist eine Schlüsselfigur in dem bisher größten aufgeflogenen Parteispendenskandal in der Geschichte der BRD. Nachweislich hat er unter anderem 1991 dem damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep eine Million DM des Thyssen-Konzerns für ein mit Hilfe der Bundesregierung zustande gekommenes Panzergeschäft mit Saudi-Arabien überbracht. Der damalige zweite CDU-Vorsitzende und heutige Innenminister Wolfgang Schäuble erhielt für seine Partei mindestens 100.000 DM.
Ebenso von Schreiber bestochen wurde mit 1,9 Millionen DM der ehemalige CSU-Rüstungs-Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Ludwig-Holger Pfahls. Es sei "absurd", dass die Kohl/Genscher-Regierung "käuflich" sei, entrüstete sich der damalige Bundeskanzler Kohl vor dem Untersuchungsausschuss. Erst nachdem herauskam, dass er mindestens 2,1 selbst gesammelte Millionen in schwarzen CDU-Kassen hortete, musste der inzwischen abgewählte Kanzler als Ehrenvorsitzender der CDU seinen Hut nehmen.
Ob Kohl, Leisler Kiep oder Schäuble, die beteiligten Politiker und Parteien kommen meist mit einer Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung davon. Jüngstes Beispiel aus der letzten Woche ist die gegen die FDP verhängte Millionen-Nachzahlung als "Strafe" wegen der Möllemann-Spendenaffäre aus dem Jahr 2002. Die heutige CDU-Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte Kohls Ämter nur erben, weil sie sich gerade noch rechtzeitig von ihrem Ziehvater Kohl öffentlich distanzierte.
Möglicherweise haben sich die Methoden der Lobbyisten in Berlin etwas verfeinert - ihr Treiben jedenfalls wurde erheblich ausgeweitet. Die Zahl der aktiven Lobbyisten von Konzernen, Banken und Monopolverbänden wird inzwischen auf rund 5.000 geschätzt. Die rot-grüne Schröder/Fischer-Regierung verabschiedete sogar am 16. Juni 2004 ein "Personalaustauschprogramm", das die unmittelbare Mitarbeit von Lobbyisten an "herausgehobenen Positionen" in den Ministerien ermöglicht.
Es steht außer Frage, dass Schreiber noch zahlreiche Kenntnisse über das Treiben bürgerlicher Parteien und Politiker hat, die jetzt im Wahlkampf stehen. Vor diesem Hintergrund erstaunt auch wenig, dass die SPD-Führung sich dermaßen zurückhält - alles wird krampfhaft versucht, unter dem Deckel zu halten, zumindest bis nach der Wahl. Die Methode ist bereits bekannt: Auch die ganzen volksfeindlichen Maßnahmen, die zur Abwälzung der Krisenlasten weiter geplant sind, werden von diesen Leuten zu vertuschen versucht!