Politik
Aus der Schublade gerutscht: Guttenbergs "Stoffsammlung"
17.08.09 - Während die Bundesregierung so tut, als komme gerade - passend zum Wahlkampf - die Wirtschaft wieder in Schwung, als würden schon bald "Wohltaten" für die Bevölkerung verteilt werden, gelangten jetzt Informationen über ein 52-seitiges "Industriepolitisches Gesamtkonzept" ans Licht der Öffentlichkeit. Darin macht sich das Wirtschaftsministerium von Karl-Theodor zu Guttenberg konkrete Gedanken, wie das "Zahlen nach den Wahlen" wohl aussehen könnte.
Wie nicht anders zu erwarten war, handelt es sich um ein relativ umfassendes Konzept der Erleichterung der Ausbeutungsoffensive für die Monopole, der weiteren Umverteilung von unten nach oben und der Schröpfung der ganzen Gesellschaft im Interesse der Profitinteressen der Monopole. Es ist nichts anderes als ein Neuaufguss des Krisenprogramms des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), das dieser storniert hatte, um die Große Koalition zu stabilisieren.
Nach den Wahlen soll diese Richtung verstärkt vorangetrieben werden. Die Industrie solle von "Sonderlasten" befreit werden, so Guttenberg – und das meint er damit: Die in der jetzigen Legislaturperiode beschlossenen sowieso völlig unzureichenden Mindestlohnregelungen sollen "korrigiert" werden. Die "strengen" Befristungsregelungen im Arbeitsrecht, die schon jetzt drastisch aufgeweicht wurden, was die Arbeitslosigkeit massiv erhöht hat, sollen noch weiter gelockert und Zeitarbeit ohne Einschränkung erhalten werden.
Guttenberg plant Änderungen beim Kündigungsschutz (mit Sicherheit nicht zugunsten der Beschäftigten!) und die Beiträge zu den Sozialversicherungen sollen "so weit wie möglich von den Arbeitskosten entkoppelt werden", sprich: diese Kosten, die ja in Wirklichkeit Lohnbestandteile sind, sollen noch weniger von den Unternehmen bezahlt werden. Dafür fasst er "weitere strukturelle Reformen" im Gesundheitswesen ins Auge – d.h. man kann sich auf weitere Kürzungen für die Masse der Patienten und Beschäftigten im Gesundheitswesen einstellen.
Doch damit nicht genug. Geplant wird auch der Abbau von "Vergünstigungen" bei der Umsatzsteuer, d.h. die derzeit niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel, Zeitungen und Kulturgüter soll erhöht werden, was natürlich die Lebenshaltungskosten für die Masse der Bevölkerung erheblich in die Höhe treiben würde. Auch die "Belastung der Betriebe" aus der Gewerbesteuer müsse sinken – also noch weniger Geld für die Kommunen?
Und auch weitere "Zwänge" will der Wirtschaftsbaron von den Monopolen nehmen: Betriebe, die dem Emissionshandel unterliegen (d.h. die großen Dreckschleudern) müssten von den Energiesteuern befreit werden. Das Naturschutzrecht soll "flexibilisiert" und die Laufzeiten der Atomkraftwerke sollen verlängert werden. Nicht genug, dass durch das rücksichtlose Profitstreben der Monopole bereits der Übergang in die weltweite Umweltkatastrophe eingeleitet wurde – Guttenberg will offensichtlich diesen Prozess noch beschleunigen!
Eine "überholte Stoffsammlung" sei das, beeilte sich ein Sprecher aus dem Wirtschaftsministerium, die Wogen zu glätten. Das Papier ist allerdings keineswegs alt, sondern vom Juli. Es war aber vermutlich nicht für die Öffentlichkeit gedacht, sondern rutschte ausgerechnet in der heißen Wahlkampfphase in die Hände der "Frankfurter Rundschau". Real ist es eher ein Schubladenpapier für die Zeit nach der Wahl.
Frank-Walter Steinmeier, Kanzlerkandidat der SPD, versuchte auch sofort, sich im Gegensatz zu Guttenberg als Interessenvertreter der "Arbeitnehmer" zu profilieren: "Was Herr zu Guttenberg anstrebt, lässt mich grausen: Arbeitnehmerrechte beschneiden, Mindestlöhne wieder abschaffen und Mehrwertsteuer erhöhen", so seine "entsetzte" Reaktion. Allerdings: So vergesslich sind die Leute nicht! Wer hat denn Leiharbeit ausgeweitet, Mehrwertsteuern erhöht, die allgemeine Einführung eines Mindestlohns verhindert? Das war die Große Koalition der Parteien der Herren zu Guttenberg und Steinmeier in schöner Eintracht!
"Aufgepasst: Nach den Wahlen kommt das Zahlen" – so lautet einer der Slogans der MLPD im Wahlkampf. Völlig zu Recht! Wer genug hat von diesem ganzen Volksbetrug, von der Dienstleistungspolitik im Interesse der Monopole, der ist eingeladen, sich über eine wirkliche, die sozialistische Alternative zu informieren: Z.B. beim Wahlkampfauftakt der MLPD nächsten Samstag in Hamburg!