Sozialismus
Warum Angela Merkel zum "Picknick" nach Ungarn reiste ...
21.08.09 - Am vergangenen Mittwoch vor zwanzig Jahren, dem 19.8.1989, nutzten über 600 Bürger der ehemaligen DDR, die sich in Ungarn aufhielten, eine kurze Grenzöffnung zur Flucht nach Österreich. Bundeskanzlerin Angela Merkel mochte sich diesen Jahrestag mitten im Bundestagswahlkampf nicht entgehen lassen. Sie reiste höchstpersönlich an den Ort des Geschehens, um dieser "unvorhersehbaren Wende der Geschichte" die antikommunistischen Weihen zu erteilen. Tatsächlich kam dieses Ereignis für die damalige Bundesregierung alles andere als "unvorgesehen". Es war vielmehr im Zusammenspiel von deutschem und US-Geheimdienst, reaktionären Strippenziehern und "reformwilliger" ungarischer Regierung - mit Rückendeckung der sowjetischen Führung - von langer Hand inszeniert.
Federführend für die Organisierung des sogenannten "Paneuropäischen Picknicks", in dessen Rahmen für drei Stunden der österreichisch-ungarische Grenzzaun nahe dem Städtchen Sopron geöffnet wurde, war der ultrareaktionäre CSU-Europaabgeordnete und österreichische Kaisersohn Otto von Habsburg. So nebenbei spekulierte dieser dabei auch auf die Wiedererlangung verlorenen Adelsbesitzes. Der ungarische Ministerpräsident Miklos Nemeth, mit dem er dieses "Picknick" vereinbart hatte, stand an der Spitze des im Westen irreführend mit dem Begriff "Gulaschkommunismus" bezeichneten ungarischen Regimes.
Mit Kommunismus bzw. Sozialismus hatte der ungarische Staat zu dieser Zeit schon lange nichts mehr am Hut. Dort war genauso wie in allen anderen ehemaligen Ostblockländern bereits 1956 ausgehend vom XX. Parteitag der sowjetischen KPdSU ein bürokratischer Kapitalismus wieder eingeführt worden.
Schamlos nützte die angeblich so um die "Freiheit" der DDR-Bürger besorgte Bundesregierung deren wachsende Unzufriedenheit für ihre Zwecke aus. Das Honecker-Regime sollte durch die Fluchtbewegung ins Wanken gebracht und die Übernahme des DDR-Gebiets durch die westdeutschen Monopole vorbereitet werden. Nicht umsonst fand unmittelbar nach der legendären Grenzöffnung am 25. August ein Geheimtreffen von Bundeskanzler Helmut Kohl und der ungarischen Führung auf Schloss Gymnich statt.
Was das verhasste Honecker-Regime letztlich zu Fall brachte, war in erster Linie die breite demokratische Volksbewegung in der DDR, die mit Massendemonstrationen im Herbst 1989 ihren Höhepunkt erreichte. "Die Wiedervereinigung war Ergebnis der demokratischen Volksbewegung in der DDR und des tiefen Wunsches des ganzen deutschen Volkes nach Überwindung der Spaltung der Nation", heißt es deshalb im Parteiprogramm der MLPD. Dass diese Wiedervereinigung unter kapitalistischen Vorzeichen statt fand, nutzte die Kohl-Regierung für die Annektion des DDR-Gebiets.
Für viele Menschen aus der DDR endete die ersehnte und erkämpfte Wiedervereinigung deshalb mit einer tiefen Enttäuschung. Die von Kohl versprochenen "blühenden Landschaften" sind nicht erst mit der jüngsten Weltwirtschaftskrise an der Realität von Massenentlassungen sowie Niedriglöhnen zerschellt. Und Wolfgang Schäubles Ausbau der staatlichen Überwachung erhielt nicht umsonst vom Volksmund das treffende Synonym "Stasi 2.0".
Wie vor zwanzig Jahren das "Paneuropäische Picknick" inszeniert wurde, so inszenierte Bundeskanzlerin Merkel jetzt ihren Staatsbesuch in Ungarn, um mit den angeblichen "geschichtlichen Leistungen" der CDU im Wahlkampf hausieren zu gehen. Die wirkliche geschichtliche Leistung hat aber das Volk erbracht, während Kohl, Merkel und Co. die Menschen um die Früchte ihres Kampfs brachten. Die MLPD fördert deshalb mit ihrem Wahlkampf bewusst die Arbeitereinheit in Ost und West, damit der erneute Kampf für den echten Sozialismus diesmal in ganz Deutschland erfolgreich sein wird.