Politik
Kommunen vor dem Finanzkollaps?
29.08.09 - Nach Angaben des Deutschen Städtetags müssen die Gemeinden im kommenden Jahr ein Defizit von mehr als zehn Milliarden Euro befürchten. Dabei liegen die Kredite der Städte und Gemeinden schon heute bei insgesamt 31,6 Milliarden Euro - mehr als fünfmal so hoch wie vor zehn Jahren. Laut einer Umfrage der "Welt am Sonntag" rechnen die Städte für 2009 mit einem Minus von beinahe 40 Prozent bei der Gewerbesteuer. Dabei macht diese Steuer bis zu einem Drittel der städtischen Einnahmen aus. Bereits in diesem Jahr sind die Einnahmen aus der Umsatzsteuer von 77 auf 63,5 Milliarden gesunken.
Ab 2010 kürzt die Bundesregierung den Städten und Gemeinden die Zuschüsse zu den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose und übernimmt nur noch 23,2 statt bisher 26,1 Prozent der Milliarden-Belastung. Bereits 2008 gab es eine zehnprozentige Kürzung, obwohl der Bedarf um 10 Prozent gestiegen war.
Bereits im Jahr 2007 wurde die Berechnungsgrundlage geändert. Jetzt werden den Berechnungen nicht die Anteile an den realen Kosten zugrunde gelegt, sondern die Zahl der "Bedarfsgemeinschaften", die es zwischen Juli 2008 und Juni 2009 gab. Dabei explodieren auf Grund der schnell steigenden Arbeitslosenzahlen seit Beginn der Weltwirtschaftskrise die Unterkunftskosten für ALG-II-Empfänger. 2010 werden diese Ausgaben insgesamt von 14 auf 16 Milliarden Euro klettern. Für die kommunalen Kassen bedeutet dies eine zusätzliche Belastung von fast zwei Milliarden Euro - statt 10,3 Milliarden Euro in diesem Jahr dann 12,3 Milliarden.
Dietrich Keil, für das überparteiliche Bündnis "Essen steht AUF" im Stadtrat von Essen, im Telefoninterview dazu: "Die 2 bis 3 Milliarden Mehrbelastung für die Kommunen ist enorm. ... Zum Berechnungszeitraum war die Zahl der Hartz-IV-Empfänger zurückgegangen. Aber jetzt steigt sie und mit den Auswirkungen der tiefsten Weltwirtschaftkrise wird sie noch verstärkt zunehmen. Die Kommunen werden in eine ungeheure Zwickmühle kommen. Denn gleichzeitig brechen im dreistelligen Millionenbereich Einnahmen aus der Gewerbesteuer weg bis hin zu möglichen Rückforderungen. Ebenfalls gehen die Landeszuweisungen zurück, die sich nach der Einkommenssteuer berechnen.
Für viele hoch verschuldete Kommunen wird die Totalpleite näher rücken. Wir müssen uns auf eine verschärfte Auseinandersetzung in den Städten um die Kürzungspolitik einstellen. ... Bereits jetzt nehmen die Sanktionen gegenüber Hartz-IV-Betroffenen zu und in den Jobcentern und ARGEn wird ungeheuer Druck auf die Betroffenen ausgeübt. Die Kommunen werden versuchen, das Gesamtvolumen der Ausgaben zu senken und an jeder Schraube zu drehen."
Immer deutlicher wird damit auch, was nach den Wahlen tatsächlich auf die breite Masse der Bevölkerung an Folgen der staatlichen Umverteilung zu Gunsten der Monopole zukommt. Die Milliarden-Verschuldung des Staates für die Konjunkturpakete an die Banken wird über solche Maßnahmen finanziert. Es kann allerdings nicht darum gehen, dass lediglich "der Bund seinen finanziellen Anteil" an den Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger wieder erhöht, wie es der Geschäftsführer des Deutschen Städtetags fordert.
Die ganzen unsozialen Hartz-IV-Gesetze müssen zu Fall gebracht werden, die ja von vornherein dazu dienen sollten, die Kosten der früheren Arbeitslosenhilfe auf die Kommunen abzuwälzen. Bei den morgigen Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen kann man diese Richtung stärken mit der Stimme für eines der breiten überparteilichen und kämpferischen Wahlbündnisse ("rf-news" berichtete am 26. August 2009).