Betrieb und Gewerkschaft
Der Opel-Krimi am gestrigen Donnerstag ...
11.09.09 - Was gestern Nachmittag von Regierung und General Motors als "gute Lösung für alle" verkauft wurde, ist eine Mogelpackung. So wurde es von "rf-news" gestern am Mittwoch eingeschätzt. Heute kommentierte die Kapitalistenzeitung "Financial Times Deutschland" unverblümt, um wessen Rettung es eigentlich ging: "Die Entscheidung für Magna erspart der Bundesregierung die größtmögliche Blamage. ... Ja, es gibt bei Opel wirklich einen Durchbruch zu verkünden. Gratulieren darf man aber ausschließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Herausforderer Frank-Walter Steinmeier. Ihnen wurde am Donnerstag das große Glück zuteil, dass der Autobauer nach monatelangem Hickhack kurz vor der Wahl gerettet scheint - mit Betonung auf 'scheint'." Die Arbeiter sollen in Sicherheit gewiegt werden. Dabei ist klar, dass das ganze Szenario aller "Alternativen" nur auf eines hinausläuft: Massiver Arbeitsplatzabbau in vierstelliger Größe, Werksschließungen, Lohnraub und für die restlich Verbliebenen gesteigerte Arbeitshetze.
Die Angst vor der Kampfkraft und -erfahrung der Opelaner diktierte das gestrige Geschehen. Dafür wurde ein hektisches Krisenmanagement aufgezogen, in dem Regierung, Management, Gesamtbetriebsratsspitze und die Massenmedien ihren Part spielten. Zuerst wurden die schlimmsten Horrorszenarien wie die Insolvenz vorgeführt, um die vorgestellte Lösung dann als die noch erträglichste zu präsentieren. Alle paar Stunden gab es neue Meldungen. Und warum? In den europäischen GM-Werken stand es Spitz auf Knopf, ob es zu einem Massenkampf kommt.
Sowohl in Bochum als auch in Eisenach waren wesentliche Teile der Belegschaft entschlossen, bei einer Schließungsankündigung ans Tor zu gehen und die Bänder abzustellen. Die Kollegenzeitung "Blitz", an der Genossen der MLPD mitarbeiten, titelte: "Wir wählen nicht zwischen Pest und Cholera - Europaweiter Streik am 11.9." Darüber war bis gestern heiß diskutiert worden.
In Bochum hatten Kollegen gestern auf allen drei Infostunden des Betriebsrats im Laufe des Tages entschiedene Kampfmaßnahmen gefordert. Rund 50 Prozent der Kollegen wollten bis zur Pressekonferenz nachmittags ausharren. Bei einer Schließungsankündigung hätte es kein Halten mehr gegeben. Aus Eisenach wurde von mehreren Bereichen gemeldet, dass die Kollegen mindestens einen Tag streiken wollen, Autobahn besetzen usw. Ein freigestellter Betriebsrat meinte wörtlich: "Wenn der Damm bricht, kriegen wir es nicht mehr unter Kontrolle." Es war eine aufgewühlte Stimmung. Kollegen verlangten, sofort das Band anzuhalten, wenn es Meldungen über geplante Werksschließungen gibt. Auch in Rüsselsheim mehrten sich kämpferische Töne.
Den Kampf konnten Merkel und Co. erstmal abwenden. Die Kuh haben sie nicht vom Eis bekommen. Der Kampf um den Zugriff auf die begehrten modernen technischen Entwicklungen wird weiter ausgehandelt. Sowohl GM als auch Magna wollen sich der Massenproduktion entledigen. Dass sie sich mit den Beschäftigten in ganz Europa anlegen müssen, darum kommen sie nicht herum. Es ist kein Zufall, dass heute die Bänder standen und Freischichten angesetzt wurden sowie alle kämpferischen Aktivitäten vom Gesamtbetriebsrat abgesagt wurden.
Damit wird die intensive Verarbeitung unter den Opelanern jedoch auch nicht aufgehalten. Ein Schlosser meinte heute Mittag gegenüber einer "Rote Fahne"-Reporterin: "Ich arbeite jetzt fünf Jahre bei Opel und verdiene wenig. Von meinem Lohn muss ich auch meine Freundin, mit der ich zusammen lebe, unterhalten. Auf Lohn kann ich auf keinen Fall verzichten. Jetzt bin ich ständig in dem Zwiespalt: Was bringt die Zukunft? Wenn die Kollegen mitziehen, bin ich zum Streik bereit!"
Warum sollen sich die Opelaner bis nach der Bundestagswahl vertrösten lassen? Im Gegenteil, haben sie doch jetzt alle Trümpfe in der Hand. Die Regierung und GM wollen Ruhe vor der Wahl. Merkel kann mit dieser Lösung leben, aber die Arbeiter nicht. Die Opelaner sind gut beraten, die Zusammenarbeit mit der MLPD zu festigen, die ihren Bundestagswahlkampf in den Dienst des Kampfs um jeden Arbeitsplatz und gegen den ganzen Verzichtskurs stellt.
Die meisten Kollegen waren heute morgen sehr nachdenklich. Zwei geben "ihrem" Rote-Fahne-Verkäufer demonstrativ die Hand. Der Wahlkampf der MLPD wird sehr aufmerksam verfolgt. Die MLPD steht für den Weg des konsequenten Kampfs wie 2004. Jede Stimme für die MLPD stärkt diese Richtung. Jeder Kollege kann einen Beitrag leisten zur Stärkung der MLPD.
Literaturtipp zum Thema:
Das Buch „Sozialismus im Brennpunkt“ (herausgegeben von Stefan Engel und Monika Gärtner-Engel) - mit der Dokumentation des internationalen Seminars über die Neuorganisation der internationalen Produktion und die Vorbereitung der internationalen sozialistischen Revolution.
Hier werden wichtige Arbeiterkämpfe und Auseinandersetzungen ausgewertet, so auch der Opelstreik 2004 und der internationale GM-Aktionstag. Wir empfehlen besonders das Kapitel II.a „Das internationale Industrieproletariat – führende Kraft im Kampf für die Befreiung von Imperialismus und Neokolonialismus“.
600 Seiten; 24,00 €; ISBN 978-3-88021-367-8; erschienen im Verlag Neuer Weg, Essen