Wirtschaft
Vor einem Jahr Lehman-Pleite - eine Zwischenbilanz
12.09.09 - Heute vor einem Jahr krachte die erste US-Großbank zusammen, drei Tage später folgte mit der Lehman Brothers die zweite der fünf weltweit größten Investmentbanken. Letztere wurden vor der Insolvenz gerettet. Inzwischen sind bis heute allein in den USA Banken zusammen gebrochen, die meisten davon in den letzten Monaten. Die gesamte Weltwirtschaft geriet ins Trudeln. Millionen Amerikaner verloren ihre Altersversorgung. Hunderte von Millionen Menschen in der Dritten Welt werden verhungern. Denn "diese in der Geschichte des Kapitalismus an Umfang und Tiefe einmalige Weltfinanzkrise wurde im Oktober 2008 zum unmittelbaren Auslöser einer neuen Weltwirtschaftskrise deren Dimension ebenfalls ihresgleichen sucht", heißt es in der Broschüre "Bürgerliche politische Ökonomie vor dem Scherbenhaufen" von Stefan Engel. Sie deckt überzeugend Hintergründe und Zusammenhänge dieser Krise auf. Und sie greift die bürgerlichen Ökonomen an, die mit ihrer Ursachenforschung im Nebel stochern.
Die gesetzmäßige Grundlage der kapitalistischen Krise ist die Überakkumulation von Kapital, das dann in eine gigantische, alle Lebensbereiche durchdringende, Spekulation flüchtet. Diese kann der Kapitalismus nicht beseitigen, sondern bereitet damit neue größere Krisen vor.
Wie bestellt zu den Bundestagswahlen wurde nun regierungsamtlich mit einem mehr als mickrigen 0,3 Prozent Wachstum des deutschen Bruttosozialprodukts das Ende der Krise erklärt. Tatsächlich handelt es sich nur um ein Abbremsen im abrupten tiefen Fall von Weltproduktion und -handel. So macht dieser "Wirtschaftsmotor" a la Angie nicht mehr als ein 5.000stel der bisher vernichteten Kapitalwerte aus. Deren unvorstellbaren Summe von 55 Billionen US-Dollar entspricht fast dem gesamten Weltbruttosozialprodukt von 2008. Die hauptsächlichen Folgen, wie sprunghafter Anstieg von Arbeitslosigkeit, Massenelend, Zerstörung der Lebensbedingungen für die Mehrheit der Menschheit, Verschärfung der Kriegsgefahr, stehen noch bevor.
Die Herrschenden der wichtigsten kapitalistischen Staaten konnten bisher lediglich erreichen, einen Zusammenbruch des Weltfinanzsystems zu verhindern. Dafür wurden gigantische Summen an Steuergeldern in Schutzschirme für Banken gesteckt. Und "schätzungsweise bis zu 20 US-Billionen haben es sich die Herrschenden kosten lassen, die Wirkungen dieser größten Weltwirtschafts- und Finanzkrise mit international abgestimmten Krisenprogrammen abzumildern, um jeglichen Quellen für die Entfaltung des revolutionären Klassenkampfs rechtzeitig das Wasser abzugraben", wie Stefan Engel beim bundesweiten Wahlkampfauftakt der MLPD in Hamburg erklärte.
Noch ist die amerikanische Immobilienkrise nicht vorbei, da kann jederzeit eine Kreditkartenkrise mit verheerenden Folgen ausbrechen. Das Platzen einer neuen Spekulationsblase ist auch nicht ausgeschlossen. "Die großen Konzerne basteln an neuen riskanten Finanzinstrumenten, statt Hypothekenrisiken sollen Lebensversicherungen gebündelt weiter verkauft werden", berichtet die "Stuttgarter Zeitung" zum Jahrestag der Lehman-Pleite.
Ausgerechnet der Finanzjongleur der Regierung, Finanzminister Peer Steinbrück, will nun im Vorfeld der Bundestagswahl den Eindruck erwecken, den Banken die Rechnung zu präsentieren. Mit einer 0,05-prozentigen Finanzsteuer sollen 10 bis 20 Milliarden Euro jährlich in die Bundeskasse fließen. In überschaubaren 25 bis 50 Jahren wären dann die 500 Milliarden Euro abgegolten, die die CDU/SPD-Regierung den Banken bisher in den Rachen warf. Die MLPD hat dagegen bereits zu Beginn der Krise die Forderung aufgestellt: "Banken und Konzerne sollen die Krisenlasten selber zahlen!"
Die Zwischenbilanz nach einem Jahr Weltwirtschaftkrise kann man so zusammenfassen: Die Herrschenden haben sie fortwährend klein und schön zu reden versucht, als Ausrutscher eines angeblich sonst funktionierenden Kapitalismus. In Wahrheit hat dieser Kapitalismus in den letzten zweihundert Jahren seiner Geschichte nie funktioniert, sondern nur durch immer größere Krisen und durch Kriege. Seine Perspektive ist die Barbarei. Es ist dringend geboten, ihn durch die sozialistische Perspektive abzulösen.