Politik
Tiefe Probleme der bürgerlichen "Volksparteien"
Bochum (Korrespondenz), 29.09.09: Hier noch ein kleiner Beitrag zur Interpretation der Ergebnisse der Bundestagswahl. Die Betrachtung der absoluten Stimmen ist jetzt deshalb besonders wichtig, weil damit auch die Nichtwähler berücksichtigt werden. Merkel, die als "Mutti der Nation" und als "versozialdemokratisierte Kanzlerin" in den Medien bezeichnet wird, führte eine Koalition an, die über 8 Millionen Stimmen verloren hat, das sind 25 Prozent ihrer Wähler im Jahr 2005. Schon diese kleine Analyse zeigt, in welch tiefen Problemen die bürgerlichen "Volksparteien" drinstecken.
Im Vergleich zur Bundestagswahl 2005 sind 4 Millionen Menschen weniger zur Wahlurne gegangen. Die Parteien der Großen Koalition wurde gewaltig abgestraft: CDU/CSU und SPD verloren über 8 Millionen Stimmen gegenüber 2005, ein Rückgang von 25 Prozent der Wählerstimmen. Davon geht der Löwenanteil von 6 Millionen Stimmenverluste auf das Konto der SPD und 2 Millionen Stimmenverluste auf das der CDU/CSU. Die neue schwarz-gelbe Regierung wird als Sieger dieser Wahl herausgestellt. In Wirklichkeit haben die Parteien dieser neuen Regierungskoalition 0,3 Millionen Stimmen gegenüber 2005 verloren.
Die CDU/CSU verlor 2 Millionen Stimmen, die FDP gewann 1,66 Millionen Stimmen. Der Rückgang von 0,3 Millionen Stimmen bedeutet prozentual ein Minus von 1 Prozent für diese Parteien im Vergleich zu 2005. Die Massenbasis der Großen Koalition verlor also über 8 Millionen Stimmen und ging damit um 25 Prozent zurück (die folgenden Zahlen basieren auf Infratest dimap). Die beiden Hauptquellen dieses Rückgangs sind:
Die Abwanderung zu anderen Parteien
3,7 Millionen Stimmen wandten sich diesmal von den Parteien der Großen Koalition ab und anderen Parteien zu. Das macht 46 Prozent der 8 Millionen Stimmenverluste aus, bzw. knapp 12 Prozent des Rückgangs von 25 Prozent gehen auf Verluste an andere Parteien zurück.
Dabei verlor die SPD mit 2,5 Millionen Stimmen an andere Parteien doppelt so viel wie die CDU/CSU, die 1,2 Millionen Stimmen an andere Parteien abgeben musste.
Die Abwendung vom Wählen überhaupt
3,2 Millionen Menschen, die 2005 noch die Parteien der Großen Koalition gewählt hatten, blieben diesmal der Wahlurne fern.
Diese 3,2 Millionen Nichtwähler machen 40 Prozent der 8 Millionen Stimmenverluste der Parteien der Großen Koalition aus bzw. 10 Prozent des Rückgangs von 25 Prozent gehen auf Nichtwähler zurück.