Betrieb und Gewerkschaft
Deutsche Edelstahlwerke planen Tarifbruch - Belegschaften: "Wir lassen uns nicht erpressen!"
08.10.09 - Auf einer außerordentlichen Versammlung der IGM-Vertrauensleute der Deutschen Edelstahlwerke GmbH (DEW) in Witten wurde am Dienstag bekannt, dass die Konzernleitung weitgehende Angriffe plant und dazu auch geltende Tarifverträge brechen will. Sie will den Urlaub um sechs Tage kürzen, obwohl tarifvertraglich 30 Tage zustehen, und das Weihnachtsgeld in diesem Jahr nur zu 50 Prozent auszahlen, obwohl im Tarifvertrag 110 Prozent festgeschrieben sind. Begründet wird das mit der Gefahr, dass der Konzern seine Liquidität verliert und von der Commerzbank unter Druck gesetzt wird. Gerüchte wurden in Umlauf gebracht, Entlassungen seien "unvermeidlich", falls die Belegschaft sich dem nicht unterordnet. Ein Korrespondent aus Witten schreibt dazu:
"Das ist eine unerhörte Erpressung. Die IG Metall ist gefordert, diesem Tarifbruch eine klare Absage zu erteilen. Soll das jetzt einreißen, dass Tarifverträge nicht mehr eingehalten werden oder durch einen sogenannten 'Sanierungstarifvertrag' ersetzt werden? Was dabei herauskommt, sieht man in Witten drastisch bei Vogt (früher Siemens). Auf dem Gelände befindet sich heute ein Baumarkt.
Um den Unmut von vornherein zu dämpfen, werden wir auf eine bessere Wirtschaftslage vertröstet: Dann wäre es möglich, im nächsten Jahr zum Ausgleich ein Weihnachtsgeld von 130 Prozent, eventuell sogar mehr, auszuzahlen. Der verkürzte Urlaub soll aber nicht mehr zurückgenommen werden. Ein - auch nur vorübergehender - Verzicht auf das volle Weihnachtsgeld und 30 Tage Urlaub kommt überhaupt nicht in Frage! Jeder Lohnverzicht ermuntert nur die Kapitalisten, uns weiter zu erpressen. Wir brauchen den Urlaub für die Erholung, für gemeinsame Zeit mit der Familie. Außerdem sind die sechs Wochen ein Ergebnis des Stahlstreiks von 1978/79. Was damals erkämpft wurde, darf heute nicht preisgegeben werden!
Vor der Wahl haben sie uns er zählt, die Wirtschaftskrise sei bald vorbei. Jetzt werden wir mit knallharten Tatsachen konfrontiert. Als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise hat sich der Konkurrenzkampf im Edelstahlbereich heftig verschärft. Es werden im Hintergrund ganz neue Konzerne geschmiedet. DEW will von uns Opfer erpressen, um diesen Konkurrenzkampf zu bestehen. Sie wollen aus diesem Konkurrenzkampf als Sieger hervorgehen – auf unsere Kosten.
Auf die Erpressung müssen wir eine offensive Antwort geben. Trotz Kurzarbeit steht DEW wirtschaftlich so unter Druck, dass sie jeden Auftrag brauchen. Mit Streik kann der Konzern empfindlich getroffen werden, vor allem wenn die Belegschaften der verschiedenen Standorte gemeinsam kämpfen.
Manche sagen: 'Erst mal abwarten, es steht ja noch gar nichts fest.' Warum aber das Heft des Handelns aus der Hand geben und warten, bis es zu spät ist. Je früher wir Kampfmaßnahmen beginnen, desto besser sind wir in der Lage, sie zu steigern, die breite Solidarität der Bevölkerung zu organisieren sowie den notwendigen politischen Druck gegen DEW und die hinter ihnen stehenden Großbanken aufzubauen.
Die bundesweite Demonstration am 24. Oktober in Berlin ist eine gute Gelegenheit, dem geplanten Krisenprogramm der neuen Berliner Regierung den Kampf anzusagen, die Erpressermethoden von DEW und anderer Konzerne öffentlich anzuprangern und sich mit Delegationen verschiedenster Konzernbelegschaften auszutauschen. Die MLPD wird den Kampf der DEW-Belegschaften und die Organisierung der Solidarität nach Kräften unterstützen."