Wirtschaft

Von wegen "gute Bildung sichert Arbeitsplätze" ...

13.10.09 - Jahrzehntelang wurde Jugendlichen wie Eltern erzählt, dass eine gute Ausbildung - möglichst mit Abitur - Arbeitslosigkeit verhindert. Durch eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds erweist sich dies nun mehr denn je als Ammenmärchen. Die Arbeitslosenzahl bei Abiturienten und Hochschulabgängern stieg von August 2008 bis August 2009 - in Verbindung mit der Weltwirtschaftskrise - mit 25,9 Prozent sogar am stärksten an. Eine gute Ausbildung kann auch Armut nicht verhindern. So gibt es heute bereits 206.000 Hartz-IV-Empfänger mit Abitur.

Aufgeschreckt versuchen bürgerliche Experten jetzt schnell, die Ergebnisse der Studie und das Problem zu relativieren, indem sie auf die geringere absolute Ausgangszahl verweisen. Eine genauere Betrachtung zeigt, dass es gerade umgekehrt ist. So stieg die Zahl der arbeitslosen Akademiker, die noch Arbeitslosengeld I bekommen, sogar um ein Drittel und absolut um 70.000 an.

Außerdem ist die Zahl der offiziell 483.000 Arbeitssuchenden mit Abitur oder Hochschulreife genauso manipuliert wie die offizielle Gesamtarbeitslosenzahl. Gerade unter Schulabgängern ist die Zahl derer, die in Weiterbildungsschleifen "geparkt" werden, um in der offiziellen Statistik nicht mehr aufzutauchen, besonders hoch. Und laut einer früheren DGB-Studie absolvieren vier von zehn Hochschulabgängern mindestens ein Praktikum. Das bedeutet, als billige Arbeitskraft ausquetscht zu werden, aber natürlich offiziell in dieser Zeit nicht arbeitslos zu sein.

Gleichzeitig ändert die hohe Zuwachsrate bei arbeitslosen Akademikern natürlich nichts daran, dass die Massenarbeitslosigkeit und das Hartz-IV-Gesetz insgesamt ein gesellschaftlicher Skandal sind. Das kapitalistische System ist mit seinem Krisenchaos immer weniger in der Lage, der Jugend eine Zukunft zu bieten. Ganz gleich, ob die Jugendlichen Hochschulabschluss, Hauptschulabschluss oder Mittlere Reife haben.

Die Zahlen sind damit auch ernüchternd für die Hoffnung auf einen individuellen Ausweg aus der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung. Immer noch denken viele Ältere: "Unsere Kinder sollen es mal besser haben als wir." Und nicht wenige Arbeiterjugendliche versuchen, über weiterführende Schulen oder den zweiten Bildungsweg "hoch zu kommen". Die Auseinandersetzung über die DGB-Studie bietet Anlass, den Leuten zu helfen, mit solchen Illusionen fertig zu werden.

Ein Gesellschaftssystem, das der Jugend keine Zukunft bieten kann, hat selbst keine Zukunft, und macht jeden Tag von Neuem deutlich, dass eine sozialistische Alternative notwendig ist. Die erste bundesweite Demonstration gegen die neue Regierung am 24. Oktober in Berlin ist schon mal eine gute Gelegenheit, die kämpferische Einheit von Jung und Alt, von Arbeitern und Akademikern sowie von arbeitenden und arbeitslosen Menschen voran zu bringen.