International
Nato-Gipfel: Aufstockung der Besatzungstruppen in Afghanistan gegenwärtig zu brisant
23.10.09 - Trotz der dringenden Forderung des Kommandeurs der Besatzungstruppe ISAF, US-General Stanley McChrystal, nach 40.000 zusätzlichen Soldaten für Afghanistan hat die Tagung der Nato-Verteidigungsminister im slowakischen Bratislava konkrete Beschlüsse dazu vertagt. Außer Großbritannien wollten sich alle anderen Nato-Länder derzeit nicht auf die Entsendung zusätzlicher Soldaten festlegen. Auch US-Präsident Barack Obama hat dazu noch keine Entscheidung getroffen.
Begründet wird der Aufschub unter anderem damit, dass man erst das Ergebnis der Stichwahl zur Präsidentschaftswahl in Afghanistan am 7. November abwarten wolle. Der inzwischen offiziell bestätigte Wahlbetrug beim ersten Wahltermin am 20. August hat die Nato-Propaganda von der "Durchsetzung demokratischer Verhältnisse" in dem Land erneut ad absurdum geführt und die weltweite Ablehnung des Militäreinsatzes verstärkt. Ob sich das durch die Stichwahl und einen eventuellen Wahlsieg des Kandidaten Abdullah Abdullah wesentlich ändert, darf bezweifelt werden.
Ein Hauptgrund für die Zögerlichkeit der Nato-Länder sind die wachsenden Widersprüche in ihren eigenen Ländern. Laut einer Umfrage vom Juli (ARD-Deutschlandtrend) lehnen in der BRD 69 Prozent den Einsatz in Afghanistan ab. In den USA ist die Ablehnung von 30 Prozent im Februar auf 53 Prozent im August gestiegen. In Großbritannien waren es im Juli 66 Prozent. Und in Afghanistan selbst sprach sich zuletzt im Februar (Umfragen finden dort nicht so häufig statt) eine Mehrheit für den schnellstmöglichen Abzug der Nato-Truppen aus (gegenüber ARD, ABC und BBC).
Die Vertagung der Entscheidung kommt der zukünftigen schwarz-gelben Regierung in Deutschland gelegen. Mitten in den ohnehin schwierigen Koalitionsverhandlungen wollen Merkel und Westerwelle nicht auch noch eine Aufstockung der Bundeswehrtruppen in Afghanistan verkünden. Der noch amtierende Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung schloss die Entsendung zusätzlicher Soldaten "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" aus. Derzeit ist eine Obergrenze von 4.500 Bundeswehr-Soldaten festgelegt.
Unterdessen verschärft sich das militärische Desaster der Imperialisten am Hindukusch. US-General McChrystal kam unerwartet persönlich nach Bratislawa, um deutlich zu machen, wie "ernst" die Lage ist und dass der Erfolg der ISAF "keineswegs gesichert" sei. Als Ausweg sollen nun vor allem afghanische Soldaten und Polizisten ausgebildet werden. Die bisherigen Pläne der Nato sehen die Ausbildung von 134.000 Soldaten und rund 100.000 Polizisten vor, die allerdings noch lange nicht erfüllt sind. Gegenwärtig sind erst rund 75.000 afghanische Soldaten und 90.000 Polizisten einsatzbereit.
Bei einer internationalen Afghanistan-Konferenz der Staats- und Regierungschefs im kommenden Jahr soll nun über das weitere Vorgehen entschieden werden. Ein konkreter Termin dafür steht noch nicht fest. Auch Verteidigungsminister Jung erwartet, dass man "nach der Afghanistan-Konferenz" über die Truppenstärke "noch einmal neu diskutieren" werde.
Schon im Vorfeld gilt es, den aktiven Widerstand gegen die Pläne zur Entsendung zusätzlicher Soldaten und für den Rückzug aller Bundeswehrtruppen aus Afghanistan zu verstärken. Angesichts zunehmender Jugendarbeitslosigkeit und verstärkter Anwerbeversuche der Bundeswehr trägt die gesamte Arbeiter- und Volksbewegung Verantwortung dafür, vor allem die Jugend für den antimilitaristischen Kampf zu gewinnen.