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Nach der Wahl lässt Quelle die Katze aus dem Sack: 10.000 Kolleginnen und Kollegen sollen auf die Straße gesetzt werden
20.10.09 - "Hier werden Träume wahr - Tausend Wünsche - Eine Quelle!", so wirbt die Internetseite von Quelle bei potenziellen Kunden. Heute, die Bundestagswahlen sind gerade mal drei Wochen her, sind die Beschäftigten zu Mitarbeiterversammlungen in Leipzig und in Fürth einberufen worden. Lapidar erklären die Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg und Jörg Nerlich, dass Quelle einpacken müsse, es habe sich kein Investor bereit erklärt, das Unternehmen Primondo/Quelle als Ganzes zu kaufen. Primondo gehört wiederum zur "Mutter" Arcandor mit den Unternehmen Karstadt, Thomas Cook usw. Für das 1927 gegründete traditionsreiche Versandhaus Quelle gebe es angeblich keine Rettung mehr. Keiner der vier in Frage kommenden Investoren habe ein Angebot unterbreitet.
Das bedeutet die Vernichtung von ca. 7.500 Arbeitsplätzen. 2.500 der insgesamt 10.500 Beschäftigten sind schon zuvor durch einen "Sozialplan" in die Arbeitslosigkeit geschickt worden. Weltweit beschäftigt Primondo ca. 20.000 Menschen in 28 Ländern. In Sachsen hängen rund 1.300 Arbeitsplätze von Quelle ab, etwa im Versandhaus in Leipzig sowie bei der Post und ca. 400 beim Call-Center in Magdeburg.
Auch die kundennahen 1.450 Quelleshops sollen geschlossen werden. Weitere Teile von Primondo sollen in Einzelteilen verkauft werden. Dazu gehören das Auslandsgeschäft von Quelle in der Schweiz, Österreich und in Osteuropa, mehrere Spezialversender (Peter Hahn, Baby Walz) und der Einkaufssender HSE24.
Gudrun Kimmerle, von Quelle einst aus politisch motivierten Gründen entlassene Verdi-Betriebsrätin, die bisher alle Prozesse gegen Quelle gewonnen hat, meint im Interview mit "rf-news" heute: "Für viele unserer Kollegen und vor allem Kolleginnen ist das nun schon die zweite sogenannte Abwicklung. Das erste Mal war es nach der Wiedervereinigung, und jetzt diese neue Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen. Eigentlich ist es ein tolles System, das die Waren zum Kunden bringt und ortsnah beraten und betreut werden kann. Viele Kunden stehen nach wie vor treu zu Quelle. Aber in einem System, in dem nur der Profit zählt, rechnet sich so etwas nicht.
Man hat die Belegschaft vor der Bundestagswahl hingehalten und sie vertröstet. Bis gestern hofften viele auf eine Rettung ihrer Arbeitsplätze. Man hat in Leipzig noch im September/Oktober rund 180 Beschäftigten gekündigt und wollte dadurch die 'Braut' für den künftigen Investor fein machen. Die Löhne und Gehälter wurden von Juli bis September vom Arbeitsamt bezahlt, auch das ein 'Hochzeitsgeschenk' auf Kosten der Steuer- und Sozialbeitragszahler.
Man sieht, die Hoffnung von Beschäftigten, durch einen Verzicht könnten Arbeitsplätze gerettet werden, ist nur ein Traum. Das ist eine Lehre aus der Insolvenz von Qimonda in Dresden, wo ca. 3.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden. Insbesondere die Leipziger Belegschaft von Quelle wurde von Anfang an ausgequetscht wie eine Zitrone und das Werk voll auf Verschleiß gefahren. Nur für die Profite von Karstadt/Quelle.
Wir können und müssen im Interesse der Zukunft unserer Jugend um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Nur wer kämpft, kann gewinnen. Wir haben genügend abgewartet. Noch haben wir ein Faustpfand in der Hand: das Weihnachtsgeschäft hat angefangen. Dazu kommt, dass der Gesamtkonzern ja gut verdient und Millionen Gewinn macht mit seinen Restrukturierungsplänen. Frau Schickedanz muss sicherlich nicht in Hartz IV!
Mit der Verzichtsideologie wollen sie uns wehrlos machen, wollen sie, dass die Belegschaft nicht ihr stärkstes Mittel einsetzt: den Streik!
Die Verschärfung des internationalen Konkurrenzkampfes um neue weltweite Märkte zwingt die Monopole gerade in der Weltwirtschaftskrise bei Strafe ihres Untergangs, den Profit zu maximieren. Man schuf ein neues Verkaufskonzept, das den Kunden das aufdrängte, was der Kunde kaufen soll, nicht was der Kunde selber will und benötigt.
Das zeigt die Überlebtheit und Fäulnis des Kapitalismus, der die Bedürfnisse der Verbraucher wie der Beschäftigten kapitalistischer Profitmacherei opfert. In einem sozialistischen System könnten die Menschen das anders machen. Dort könnten die Arbeiter und Arbeiterinnen eine kundenfreundliche, qualitätsorientierte und Arbeitsplätze schaffende und erhaltende Produktion und Verteilung garantieren."
Wir von "rf-news" erklären unsere volle Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen von Quelle!